"Nicht jedes Seelsorgegespräch tut gut"

Pfarrer Schießler: Das Taxi war wie ein Beichtstuhl

Veröffentlicht am 02.08.2021 um 15:26 Uhr – Lesedauer: 

Augsburg ‐ Als Student jobbte der Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler als Taxifahrer. Nun zieht er Parallelen zu seiner Aufgabe als Beichtvater: Neben der Überraschung, über was jemand spricht, gebe es bisweilen auch Erleichterung, wenn jemand wieder geht.

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Rainer Maria Schießler (60), über München hinaus bekannter katholischer Pfarrer von Sankt Maximilian, hat als Theologiestudent das Taxifahren als pastorales Praktikum erlebt. "Für mich war es der allerbeste Weg, das, was ich in der Theorie kennengelernt habe, an den Menschen selbst zu erfahren", sagte Schießler der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). Sein Taxi habe er dabei mit einem Beichtstuhl verglichen: "Dort sitzt du drin, dann geht die Tür auf und der Beichtende kommt herein. Du weißt nicht, wie er ist, was er beichtet, wohin die Reise geht."

Das sei wie am Taxistand, erläuterte der Geistliche. Zudem stelle sich die Frage: "Ist er gut drauf? Will er mit dir reden? Ist er grantig?" In solchen Momenten erlebe man, wie angenehm Menschen sein könnten. Andererseits gebe es auch andere, wo man sich denke: "Mit dem rede ich lieber gar nichts, mache eine Schweigefahrt und bin froh, wenn er draußen ist." Später als Pfarrer habe er solche Erfahrungen auf andere Weise erlebt, so Schießler. "Nicht jedes Seelsorgegespräch tut gut. Manchmal bin ich auch froh, wenn jemand sagt, dass er weiter muss."

Für fehlendes Frauenpriestertum brauche es eine Erklärung

Zugleich forderte der Pfarrer, dass die Kirche mehr Öffentlichkeit zulassen müsse. "Wir sind öffentlich. Wir sind keine Geheimkirche, wir können das nicht im Hinterstüberl machen. Wir dürfen keine Angst davor haben, dass wir infrage gestellt werden." Seiner Ansicht nach darf es keine Diskussion geben, bei der die Kirche sich auf die Flucht begibt oder sagt, dass über dieses Thema nicht geredet wird. "Das hören wir aber leider immer wieder, zum Beispiel beim Thema Frauenpriestertum."

Er wolle eine Erklärung hören, "wieso wir heute noch die Hälfte unserer Mitglieder gewissermaßen ausschließen. Das möchte ich verstehen", forderte Schießler. Denn er sehe keine Argumente, Christinnen wegen ihres Geschlechts von diesem Amt auszuschließen. Biblisch sei dies nicht zu begründen, denn: "Gott hat die Frau dem Mann gleichwertig zur Seite gestellt." (KNA)