"Maria 2.0", Verbände und Laien wollen sich für Neubeginn stark machen

"Zukunftskongress" geplant: Im Erzbistum Köln lebt wieder Protest auf

Veröffentlicht am 02.09.2021 um 12:19 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ "Die offenbar gescheiterte Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs und der damit einhergehende Glaubwürdigkeitsverlust der Bistumsleitung rufen nach einem Neuanfang": Diesen wollen "Maria 2.0" und Co. nun mit einem "Zukunftskongress" forcieren.

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Im Erzbistum Köln regt sich wieder Protest: Die Reforminitiative "Maria 2.0", katholische Verbände und Laienvertretungen wollen sich mit einem "1. Zukunftskongress" für einen Neubeginn in der von Kardinal Rainer Maria Woelki geleiteten Erzdiözese stark machen. Bei den 17 Veranstaltungen vom 11. September bis 2. Oktober unter dem Titel #underconstruction stehe "die konsequente Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und eine Demokratisierung kirchlicher Strukturen" im Mittelpunkt, teilte "Maria 2.0 Rheinland" am Mittwochabend in Köln mit.

Zum Veranstaltungsbündnis gehören auch der Kölner Diözesanrat, die Berufsverbände der Pastoral- und Gemeindereferenten, die Jugend- und Frauenverbände BDKJ, kfd und KDFB sowie die Katholikenvertretungen in der Stadt Köln und im Rhein-Erft-Kreis.

"Gescheiterte Aufarbeitung" und "Glaubwürdigkeitsverlust"

"Die offenbar gescheiterte Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs und der damit einhergehende Glaubwürdigkeitsverlust der Bistumsleitung rufen nach einem Neuanfang", erklärte die Sprecherin von "Maria 2.0 Rheinland", Maria Mesrian. "Kirche heute ist ohne Geschlechtergerechtigkeit und ohne echte Partizipationsmöglichkeiten aller nicht zukunftsfähig", so die Sprecherin des Berufsverbands der Pastoralreferentinnen und -referenten, Regina Oediger-Spinrath. "Traditionen achten bedeutet, nicht auf ihnen zu beharren, sondern sie im Dialog mit neuen Einsichten der Gegenwart weiterzuentwickeln."

Die Veranstaltungen finden den Angaben zufolge in Düsseldorf, Köln, Bonn und Brühl in Präsenz und per Stream statt. Zum Auftakt gibt es am 11. September ein Kennenlern-Treffen "Happy Mary 2.0 im Park" am Kölner Pfarrzentrum Sankt Agnes sowie am 12. September eine Kundgebung auf dem Bonner Münsterplatz. Ein besonderer Akzent mit drei Veranstaltungen liege auf dem Thema der sexualisierten Gewalt und deren Aufarbeitung.

Bild: ©picture alliance/Associated Press/Ina Fassbender

Kardinal Rainer Maria Woelki nach der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum Köln am 18. März 2021.

Mit "Kirche und Demokratie - (Wie) geht das zusammen?" ist ein Vortrag des Münsteraner Kirchenrechtlers Thomas Schüller am 14. September in Düsseldorf überschrieben. Die Frankfurter Theologin Doris Reisinger spricht am 21. September zum Thema "Spiritueller Missbrauch - was zu ändern ist!". Eine Ausstellung mit Königinnenskulpturen des Künstlers Ralf Knoblauch vom 11. bis 25. September in der Gemeinde Sankt Theodor in Köln-Vingst steht unter dem Titel "Ich bin würdig - Frauen beziehen Position". In der Gemeinde des bekannten Sozialpfarrers Franz Meurer findet auch zum Abschluss ein ökumenischer Gottesdienst statt.

Unterdessen verlangte der Kirchenvorstand der Solinger Pfarrgemeinde Sankt Sebastian in einem Offenen Brief, Woelki und die gesamte Bistumsleitung sollten für drei Jahre auf die Hälfte ihrer Bezüge verzichten und so den "finanziellen Schaden" ausgleichen, der durch ein zweites Missbrauchsgutachten, verschiedene juristische und externe Hilfeleistungen sowie durch die Anerkennungsleistungen an Missbrauchsopfer entstanden sei.

Erneut Rote Karten für Kardinal Woelki

Als am vergangenen Sonntag Woelki das neue Dach einer Wallfahrtskirche in Neviges segnete, weigerten sich einem Medienbericht zufolge mehrere katholische Verbände, bei dem Gottesdienst mit traditionellen Fahnenabordnungen einzuziehen. Zudem zeigte eine kleine Gruppe dem Erzbischof Rote Karten. "Das Dach ist dicht - der Klerus nicht", lautete ein Slogan.

Das Erzbistum Köln steckt seit Monaten in einer Vertrauenskrise. Neben der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle stoßen Pläne auf Kritik, etwa 50 bis 60 Großpfarreien zu bilden. Woelki steht auch in der Kritik, weil er Reformforderungen wie die nach der Priesterweihe für Frauen oder dem kirchlichen Segen für homosexuelle Paare ablehnt. Im Juni waren zwei Bischöfe im Auftrag des Papstes in Köln, um eine Woche lang die Erzdiözese zu überprüfen. Sie haben Franziskus einen Bericht vorgelegt, der auf dieser Basis auch über die Zukunft von Woelki entscheiden will. Der Kardinal hat alle Rücktrittsforderungen bisher entschieden zurückgewiesen. (KNA)