Bonner Stadtdechant übt scharfe Kritik an Beratungen bei Synodalem Weg
Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken übt scharfe Kritik am bisherigen Verlauf des Synodalen Wegs und den Beratungen im Synodalforum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche". Solange es um die Veränderungen bestehender Kirchenstrukturen gehe, seien die Forderungen nach mehr Demokratie lautstark und zuweilen empört. "Wenn es aber um die Durchsetzung eigener Interessen geht, wählt man auch in Reformbewegungen und im Synodalen Weg lieber sicherheitshalber Methoden, die unter Umgehung wirklich partizipativer Mitbestimmung die Umsetzung eigener Zielsetzungen sichern", sagte Picken am Freitag in seinem Podcast. Der Geistliche ist selbst Mitglied des Macht-Forums und gehört zum Autorenquartett eines Textes mit dem Titel "Vollmacht und Verantwortung", der an diesem Freitag im Zuge der Freischaltung einer neuen Internetplattform veröffentlicht wurde, die Alternativvorschlägen zum kirchlichen Reformprozess Raum geben soll.
Bereits die Zusammensetzung der Foren sei "Musterbeispiel für fehlende Demokratie und Mitbestimmung" gewesen, so Picken weiter. "Zur Folge hatte das logischerweise, dass sich in allen Foren zeigte, dass die Besetzung unausgewogen ist und die inhaltliche Arbeit strikt an einer vorgegeben Reformagenda arbeiten würde." Dadurch sei es zu Reformthesen und theologischen Denklinien gekommen, "die vorgegeben schienen und – wen wundert es – mehrheitlich getragen waren". Die Lehre der Kirche sei jedoch kein Gegenstand mehrheitlicher Abstimmungen unter den Gläubigen. "Doch genau das ist die unausgesprochene Maxime bei allen Beratungen und Entscheidungen: 'Alle Macht geht vom Kirchenvolke aus'", so der Bonner Stadtdechant.
Keine Wertschätzung "einer offensichtlichen Minderheit"
So habe eine "einseitige Runde von Theologieprofessoren" eine theologische Grundlegung erarbeitet, "die, um es überspitzt zu sagen, ein Kirchenbild entwarf, dass sich ausschließlich von der Vollmacht der Getauften und Gefirmten definiert und die Bedeutung von Sakrament und Weihe bis ins Bedeutungslose marginalisierte", bemängelte Picken. Diskussionsbeiträge und schriftliche Eingaben von Forumsmitgliedern mit anderen Positionen seien übergangen, mit einem angeblichen Fertigstellungsdruck der Texte beiseitegeschoben oder über den Weg der Geschäftsordnung ausgebremst worden. "Von einer offenen und kontroversen Debatte konnte keine Rede sein, und schon gar nicht – was in der Demokratie eine besondere Rolle spielt – von einer Wertschätzung einer offensichtlichen Minderheit." Wer anders gedacht habe, "musste sich an die Wand gespielt sehen".
Im Mittelpunkt des Alternativtextes zum Thema Macht steht nach den Worten Pickens das Bemühen um die Einheit mit der Weltkirche und dem Papst. "Den Autoren geht es darum, zu einer theologischen Vergewisserung zu kommen." Es sei ihnen wichtig, "dass der synodale Prozess nicht in Frustration endet und in eine Spaltung führt, sondern konstruktive Ergebnisse entwickelt". Zu den Verfassern des Textes gehören neben Picken die Theologin und Journalistin Alina Oehler, die Theologieprofessorin Marianne Schlosser aus Wien sowie der Augsburger Weihbischof Florian Wörner. In Ihrer Begründung für diesen Schritt betonen sie unter anderem, dass sie die theologischen Grundlagen des Textes, den das Macht-Forum mit großer Mehrheit verabschiedet habe, nicht mittragen könnten.
Die Autoren befürworten in Anbetracht sinkender Mitgliederzahlen eine "strukturelle Erneuerung angesichts sichtbarer Mängel", lehnen aber eine demokratische Gewaltenteilung ab, da dies mit der "Kirchenleitung nicht zu vereinbaren" sei. Von Vertretern der Kirche fordern sie jedoch "ein Handeln, das durch Transparenz und Verlässlichkeit sowie nicht zuletzt durch persönliche Glaubwürdigkeit und moralische Integrität gekennzeichnet ist". Zudem fordern die Autoren eine bessere Kommunikation in der Kirche und Anlaufstellen für Menschen, die Opfer von Machtmissbrauch geworden sind. Gemeindemitglieder sollten bei der Ernennung von Pfarrern die Möglichkeit bekommen, ihre Erwartungen an einen Kandidaten gegenüber der Bistumsleitung zur Sprache zu bringen.
Aus Unzufriedenheit mit dem Fortgang des katholischen Reformprojekts Synodaler Weg hatte der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer am Freitag eine neue Internetplattform (synodale-beitraege.de) mit alternativen Reformvorschlägen veröffentlicht. "Die Zusammensetzung der Foren der Synode und ihre Diskussionskultur erschweren einen angemessenen Dialog", hieß es in einer Mitteilung des Bistums Regensburg. Der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte Voderholzer, der sogenannte Grundtext zum Thema Macht in der Kirche enthalte nach Ansicht mehrerer Synodaler "theologisch hochproblematische Thesen". Diese beträfen vor allem das Wesen der Kirche und die theologischen Grundlagen des Bischofs- und Priesteramtes. (mal)