Jüdisch-christliches Projekt: Erfurter Synagoge erhält neue Tora-Rolle
304.805 per Hand geschriebene Buchstaben: Eine auf diese Weise verfasste Schriftrolle der Tora ist am Donnerstag in einem festlichen Umzug in einen Schrein in die Erfurter Neue Synagoge gebracht worden. Damit endete das Thüringer Projekt "Tora ist Leben". Im Rahmen des Gedenkjahres "Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen" hatten die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und das Bistum Erfurt der Jüdischen Landesgemeinde die aufwändige Abschrift der ersten fünf Bücher der hebräischen Bibel geschenkt.
In ihrem Auftrag hatte der Rabbiner Reuven Yaacobov die Schriftrolle in den vergangenen beiden Jahren unter anderem an mehreren Orten Thüringens vor Publikum erstellt. Am Donnerstag schloss er seine Arbeit mit der Niederschrift des letzten Buchstabens ab. Künftig wird die Tora-Rolle in den Gottesdiensten der jüdischen Gemeinde verwendet. Yaacobov ist ein ausgebildeter Tora-Schreiber, "Sofer" genannt.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte, das Projekt strahle weit über Thüringen hinaus. Es sei wichtig für alle Menschen, die für ein friedliches Zusammenleben der Religionen und Kulturen einträten. Ramelow äußerte die Hoffnung, dass sich ein selbstbewusstes Judentum in Thüringen noch offener entfalten könne.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr dankte Landesrabbiner Alexander Nachama für die Anregung zu dem Projekt. Es solle dazu beitragen, in den Beziehungen von Christen und Juden nicht nur vom Völkermord an den Juden und dem gegenwärtigen Antisemitismus zu sprechen, "so bedeutend diese Themen auch sind", betonte Neymeyr, der die Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz leitet. Das Projekt solle auch die Freude der Christen über jüdisches Leben und jüdische Gottesdienste der Gegenwart zum Ausdruck bringen.
Der EKM-Landesbischof Friedrich Kramer räumte ein, angesichts einer Jahrhunderte langen Schuldgeschichte der Kirchen gegenüber den Juden sei dies nicht selbstverständlich. Er dankte der Jüdischen Landesgemeinde dafür, die Umkehr der Kirchen und ihr Bekenntnis zur Schuld anzunehmen. (rom/KNA)