Grundlage sind die Staatsleistungen

Wie Bischöfe in Deutschland bezahlt werden

Veröffentlicht am 20.10.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Gehälter der deutschen Bischöfe sind immer wieder Thema in der Öffentlichkeit – vor allem ihre Finanzierung. Auch wenn die Bischöfe nicht auf der Gehaltsliste von Bund und Ländern stehen, speisen sich ihre Bezüge in der Regel aus staatlichen Zahlungen. Deren Zukunft ist allerdings offen.

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"Die Deutschen Bischöfe werden vom Staat bezahlt": Diese Aussage taucht immer dann verstärkt in öffentlichen Debatten auf, wenn das Gehalt von Oberhirten thematisiert wird – wie zuletzt im Falle des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki. Wer damit meint, dass die Bischöfe wie Beamte auf den Gehaltslisten von Bund oder Ländern stehen, liegt daneben. Wer allerdings von einem indirekten Aufkommen der öffentlichen Hand für die Bischofsgehälter spricht, hat nicht ganz Unrecht. Je nach Diözese machen staatliche Mittel zwischen wenigen Prozenten und – bei kleineren und jüngeren Bistümern – fast einem Drittel des jährlichen Haushaltsvolumens aus. Aus diesem Haushalt werden schließlich auch die Oberhirten bezahlt.

Die Besoldung der Bischöfe ist in den deutschen Diözesen dabei unterschiedlich geregelt. Das Prozedere hängt zum einem vom jeweiligen Bundesland ab, zum anderen, welcher Staatskirchenvertrag (Konkordat) dort gilt. Zunächst sehen nahezu alle Verträge der Bundesländer mit der katholischen Kirche – und den evangelischen Landeskirchen – finanzielle Zahlungen seitens des Staates vor. Das sind die sogenannten Staatsleistungen. Diese haben ihren Ursprung in der napoleonischen Zeit Anfang des 19. Jahrhunderts, als sich das Heilige Römische Reich Deutscher Nation gewissermaßen selbst auflöste.

Pauschale Zahlungen

Mit dem sogenannten Reichsdeputationshauptschluss von 1803 beschlossen die deutschen Fürsten die Enteignung kirchlichen Vermögens. Dafür verpflichteten sie sich im Gegenzug als Entschädigungsleistung zur Finanzierung der Seelsorger. Diese Zahlungen wurden nach und nach rechtlich in Konkordaten festgeschrieben und auch nach territorialen und politischen Veränderungen weiterhin an die Bistümer geleistet – und werden es bis heute. Insgesamt kommt dabei rund eine halbe Milliarde Euro pro Jahr zusammen. Die Bistümer verwenden das Geld für Personal- und Sachkosten. Aus diesem Pool speisen sich schließlich auch die Bischofsgehälter. So erhalten beispielsweise die Bistümer in Nordrhein-Westfalen auf Grundlage des bis heute dort gültigen Preußischen Konkordats von 1929 eine pauschale Dotation. Aus dieser erhalten die (Erz-)Bischöfe ihre Bezüge.

Bild: ©KNA/Julia Steinbrecht (Symbolbild)

Die Bischofsgehälter in Deutschland speisen sich aus den Staatsleistungen.

Ähnliche Regelungen gibt es auch in anderen Bundesländern, in den alten wie den neuen. In Sachsen und Thüringen etwa sichern die jeweiligen Verträge mit dem Heiligen Stuhl den Kirchen die Zahlung eines jährlichen Gesamtbetrages als Staatsleistung zu. Aus dem Raster fallen Hamburg und Bremen: Dort gibt es keine finanziellen Leistungen für die Kirche. Da die beiden Stadtstaaten aber nur einen kleinen Teil der jeweiligen Bistümer (Hamburg beziehungsweise Osnabrück) ausmachen und die anderen darin liegenden Bundesländer wiederum Staatsleistungen zahlen, hat das keine großen Auswirkungen.

Eine weitere Ausnahme bildet noch lange Bayern – und tut es gewissermaßen bis heute. Hier wurden die Erzbischöfe noch bis vor wenigen Jahren tatsächlich direkt vom Staat bezahlt. Das Bayerische Konkordat von 1924 legte wie bereits sein Vorgängerdokument aus dem Jahre 1817 fest, dass der Freistaat Bayern sich verpflichtet, die bayerischen Bischöfe zu dotieren. 1925 wurde ein Gesetz erlassen, das die genauen Beträge nannte. Diese wurden für die Bischöfe in bundesrepublikanischer Zeit in die Besoldungsgruppe für Spitzenbeamte überführt, während für die beiden Erzbischöfe von München und Freising beziehungsweise Bamberg die ursprünglichen Beträge noch lange weiterbezahlt wurden. 2012 erfolgte eine Änderung der Rechtslage: Ab sofort wurde die Summe der gesetzlichen Einzelverpflichtungen zu einem Pauschalbetrag addiert, der laut Gesetzestext "an eine von der Freisinger Bischofskonferenz zu benennende kirchliche Stelle" überwiesen wird. Anders als in anderen Ländern lösen sich diese Beträge also nicht völlig ununterscheidbar in Pauschalleistungen auf.

Von Gegebenheiten abhängig

Bei der Besoldungshöhe der Bischöfe orientieren sich die Bistümer in der Regel an der Beamtenbesoldung für leitende Positionen des höheren Verwaltungsdienstes, sprich der Besoldungsordnung B. Der Grundsatz dahinter, der sich durch das gesamte Tarifsystem der Kirche zieht: Kirchlicher Dienst ist öffentlicher Dienst. Auch hier unterscheidet sich Höhe der Besoldung wiederum vom Bundesland zu Bundesland. So gibt der Text der bereits erwähnten Gesetzesänderung für Bayern Aufschluss über die Höhe der Gehälter der bayerischen Bischöfe. Je nach Rang sind für sie nach aktueller Besoldungsordnung 10.000 bis 13.000 Euro vorgesehen. In anderen, ebenfalls mitgliederstärkeren Diözesen sind die Bischofsgehälter auf einem ähnlichen Level angesiedelt. So kann ein (Erz-)Bischof in Nordrhein-Westfalen bis zu 13.700 Euro verdienen, in Rheinland-Pfalz etwa 11.200 Euro. In kleineren Diözesen, besonders in den neuen Bundesländern, liegt der Verdienst von Bischöfen bei maximal 9.500 Euro. Anders als der Großteil seiner Mitbrüder wird etwa der Bischof von Erfurt, Ulrich Neymeyr, nach eigenen Angaben im Bundesland Thüringen nach Besoldungsgruppe A bezahlt. Er erhält monatlich aktuell 5.103 Euro.

Doch auch wenn sie offiziell eine Besoldung in einer bestimmten Höhe erhalten, heißt das nicht automatisch, dass die Bischöfe das Geld bloß für private Zwecke verwenden. Von einigen Bischöfen ist bekannt, dass sie einen Teil ihrer Bezüge monatlich an karitative Zwecke spenden. Für großes Aufsehen sorgte zuletzt der Münchner Kardinal Reinhard Marx, der eine Stiftung für Missbrauchsopfer gründete und 500.000 Euro aus seinem Privatvermögen einbrachte.

Linktipp: Warum der Staat den Kirchen immer noch Geld zahlt

Regelmäßig wird über die Staatsleistungen an die beiden großen Kirchen diskutiert. Eigentlich sollten diese Zahlungen – im vergangenen Jahr rund 520 Millionen Euro – schon vor 100 Jahren abgeschafft werden. Doch passiert ist bislang nichts. Schuld daran sind aber nicht die Kirchen. (Artikel vom Februar 2019)

Nicht nur säkulare, sondern auch viele kirchliche Stimmen fordern zunehmend, dass Bischofsgehälter in ein kirchliches Besoldungssystem überführt werden sollten, um die Unabhängigkeit von Staat und Kirche zu unterstreichen. Vieles hängt dabei von der Zukunft der Staatsleistungen ab. Diese stoßen nämlich in der Öffentlichkeit kaum mehr auf Verständnis. Laut Grundgesetz ist es sogar Verfassungsauftrag, sie abzulösen. Passieren könnte das durch eine Entschädigung, die entweder komplett oder in Raten bezahlt werden kann. Ein Entwurf von Linke, Grünen und FDP für eine Rahmengesetzgebung zur Ablösung der Staatsleistungen bekam Anfang Mai im Bundestag nicht die erforderliche Mehrheit.

Kirchliche Vertreter zeigten sich zuletzt grundsätzlich offen für eine Regelung zur Ablösung. Auch sie wissen, dass die Akzeptanz der Staatsleistungen innerhalb der Gesellschaft schwindet. Deshalb seien auch die Kirchen bereit, über ein Ende der Zahlungen zu verhandeln, sagte Antonius Hamers, Leiter des Katholischen Büros in Nordrhein-Westfalen, im März vergangenen Jahres. Es brauche jedoch eine "Übergangsfrist". Wenn der Staat die Zahlungen an die Kirchen ablösen wolle, "kann er sie nicht von jetzt auf gleich auf Null setzen". Ob die voraussichtlich neuen Regierungsparteien in der beginnenden Legislaturperiode einen neuen Gesetzesvorstoß wagen, ist noch nicht absehbar.

Von Matthias Altmann

20.10.2021, 14:11 Uhr: erster und sechster Absatz mit Blick auf Herkunft der Gelder und Art der Besoldung präzisiert.