Keine "linke Idee": CDU muss Gerechtigkeit neu entdecken
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Seit dieser Woche verhandeln SPD, FDP und Grüne über eine Koalition. Zum ersten Mal seit 16 Jahren sitzt die CDU nicht am Verhandlungstisch. Ein Schock für die Union. Die Partei debattiert nun über neue Personen an der Spitze, wittert einen "Linksrutsch" durch das zu erwartende Ampel-Bündnis und nicht wenige wünschen sich einen grundlegenden Wandel, um wieder für Wählerinnen und Wähler attraktiv zu werden.
An den Katholikinnen und Katholiken kann es nicht gelegen haben, mag man meinen, steht doch das "C" für "christlich", ist Armin Laschet aktiver Katholik und wird das christliche Menschenbild im Wahlprogramm der CDU mehrfach an prominenter Stelle zitiert. Diese einst "natürliche" Verbindung scheint jedoch beschädigt: Wer katholisch ist, wählt nicht mehr automatisch die CDU. Und umgekehrt: Die Partei hat ihr Verhältnis zur Kirche und den Themen, die Menschen dort bewegen, sträflich vernachlässigt.
Ob in der Caritas oder in den katholischen Verbänden; ob in den Pfarrgemeinden oder Bistümern; ob in der Deutschen Bischofskonferenz oder im ZdK: Die ethische und moralische Richtschnur der Kirchengebundenen führt sie offenbar häufig zu anderen Schlüssen als jene des politischen Personals der CDU.
Geflüchtete nicht ertrinken lassen, die Klimakrise konsequent bekämpfen, für soziale Gerechtigkeit sorgen: Katholische Christinnen und Christen sitzen hier nicht etwa einem Trend oder einem "Linksrutsch" auf. Vielmehr steht für sie fest, dass die Nachfolge Jesu nichts mit persönlicher Bereicherung und Korruption zu tun hat oder gar mit dem Flirt mit der AfD und ihrer oft menschenverachtenden Politik.
Solidarität mit den Armen und Benachteiligten in unserem so reichen Land ist keine linke Idee und eine Stimme bei der Bundestagswahl, die nicht an die Union geht, kein Abwenden von christlichen Werten. Eine traditionsreiche Partei wie die CDU kann jetzt nur davon profitieren, in den Dialog mit Kirche zu gehen. Es braucht eigene Sondierungsgespräche, an welchen Stellen man sich gegenseitig aus dem Blick verloren hat und vor allem darüber, was es heißt, ein christliches Menschenbild zum Ausgangspunkt des eigenen Handelns zu machen. Wir haben uns viel zu sagen, glaube ich.
Die Autorin
Dr. Anna Grebe ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholik*innen sowie Mitglied im Diözesanrat des Erzbistums Berlin und arbeitet als Beraterin und Referentin an der Schnittstelle von Jugendarbeit und Politik.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.