Spezielle Übersetzungen für einen bestimmten Adressatenkreis

Diese besonderen Bibelausgaben gibt es

Veröffentlicht am 01.11.2021 um 12:30 Uhr – Lesedauer: 5 MINUTEN

Bonn ‐ Im deutschsprachigen Raum sind zahlreiche Bibelübersetzungen in Gebrauch. Daneben gibt es Ausgaben für einen speziellen Adressatenkreis oder solche, die eine bestimmte Leseform unterstützen sollen. Katholisch.de präsentiert eine kleine Auswahl dieser besonderen Bibeln.

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Viele katholische Christen dürften die Einheitsübersetzung kennen: Aus ihr speisen sich im deutschsprachigen Raum in der Regel die Schriftlesungen in den Gottesdiensten. Manch besser Informierte kennen darüber hinaus vielleicht noch die Lutherbibel oder die Elberfelder Bibel. Insgesamt sind im deutschen Sprachraum über 20 verschiedene Bibelübersetzungen im Gebrauch. Daneben gibt es aber noch weitere Ausgaben der Heiligen Schrift, die sich entweder an bestimmte Adressaten und deren Bedürfnisse richten oder mit ihrer Übersetzung ein Statement abgeben wollen. Eine kleine Auswahl:

Evangelium/Bibel in Leichter Sprache

Nicht alle verstehen auf Anhieb, was in der Bibel steht – und das gilt nicht nur Kinder. Darüber hinaus gibt es Menschen mit Lern- oder Leseschwierigkeiten oder mit Demenz. Für all diese Menschen wurde vor einigen Jahren vom Katholischen Biberwerk das Projekt "Evangelium in Leichter Sprache" ins Leben gerufen: Für jeden Sonn- und Feiertag wird der Text des Evangeliums in Leichte Sprache übersetzt und im Internet zur Verfügung gestellt. Die veröffentlichten Übertragungen in Leichte Sprache wurden für Verkündigung und Katechese zusammen mit Menschen mit Lernschwierigkeiten erstellt.

Nach und nach wurden diese Texte in Buchform veröffentlicht. So gibt es bereits alle drei gottesdienstlichen Lesejahre in gedruckter Form. Diese sind vor allem für Seelsorgerinnen und Seelsorger gedacht, die Gottesdienste mit Menschen mit Behinderung leiten. Darüber hinaus gibt es inzwischen auch eine Reihe mit dem Titel "Bibel in Leichter Sprache kompakt" für Menschen mit Beeinträchtigung selbst. Der erste Band heißt "Jesus erzählt von Gott" und beinhaltet 17 Gleichniserzählungen Jesu in Leichter Sprache, die im Lesejahr A verkündet werden. Sie entstammen fast ausschließlich dem Matthäusevangelium. Der zweite Band heißt "Jesus hilft den Menschen" und enthält überwiegend Wundererzählungen des Markusevangeliums. Übrigens besitzt auch Papst Franziskus eine Bibel in Leichter Sprache: Bundeskanzlerin Angela Merkel überreichte sie ihm bei ihrem Abschiedsbesuch im Vatikan.

Europäisches Logo für Leichte Sprache
Bild: ©KNA

Die Leichte Sprache will Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Behinderung die Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen.

Lectio-Divina-Bibel

Ein weiteres Projekt des Katholischen Bibelwerks ist die Lectio-Divina-Bibel. Es handelt sich nicht um eine spezielle Übersetzung oder Übertragung, dafür soll sie eine besondere Leseform der biblischen Texte unterstützen: die "lectio divina", auf Deutsch am besten mit geistlicher Lesung wiederzugeben. Die lectio divina ist eine alte Methode der betenden Meditation über Bibeltexten. Es geht also um das Lesen der Bibel aus einem persönlichen spirituellen Interesse heraus.

Die Lectio-Divina-Bibel stellt zusätzlich zum Bibeltext zu jedem Abschnitt Lese- und Reflexionshilfen (sogenannte "Leseschlüssel") zur Verfügung. Diese begleitenden Kurztexte sind größtenteils in Frageform verfasst und sollen das gründliche und entdeckerische Lesen der Schrift unterstützen. Sie sollen dazu anregen, die Spuren Gottes auch im eigenen Leben wahrzunehmen, und helfen, sie mit dem Schriftwort in Beziehung zu setzen.

Die Leseschlüssel sollen eine Art Gesprächspartner beim Erkunden der Bibel sein. Sie sollen einen möglichen Weg in und durch den Bibeltext zeigen und können dadurch zu einem Vorbild und einer Schule für das Formulieren eigener Fragen werden. Vor zwei Jahren wurde die Lectio-Divina-Bibel zu den Texten des Neuen Testaments veröffentlicht, seit wenigen Wochen gibt es auch zwei Ausgaben zum Alten Testament – und damit den ganzen Bibeltext als Lectio-Divina-Bibel.

"BasisBibel"

Anfang 2021 ist nach knapp zwei Jahrzehnten Vorarbeit bei der evangelischen Deutschen Bibelgesellschaft die "BasisBibel" erschienen. Sie enthält alle Texte des Alten und des Neuen Testaments. Diese sind allerdings in kurzen Sätzen und – so die Selbstbeschreibung – in einer klaren und prägnanten Sprache verfasst. Wörter, deren Verständnis nicht mehr vorausgesetzt werden kann, umschreibt die "BasisBibel" nicht, sondern erklärt die Begriffe in einem zusätzlichen Text am Seitenrand. Beispiele sind etwa "Gnade" und "Messias". Die "BasisBibel" wurde auf Grundlage des hebräischen und griechischen Urtextes übersetzt.

Der Name "BasisBibel" soll zum Ausdruck bringen, dass diese Übersetzung für eine breite Basis verständlich sein möchte: Sie richtet sich mit ihrer Sprache und den mit dem Text verbundenen Erklärungen zu zentralen biblischen Begriffen an alle Menschen, ungeachtet ihres Alters oder ihrer biblischen Vorkenntnisse. Rücksicht genommen wurde bei der Übersetzung auf das durch Computer und Internet veränderte Medienverhalten. Zudem wurde sie auch für die Online-Nutzung konzipiert.

Bild: ©epd-bild / Hanno Gutmann

Die "Bibel in gerechter Sprache" erschien erstmals 2006.

Bibel in gerechter Sprache

Eine besondere Übersetzung ist die "Bibel in gerechter Sprache". Bei ihr handelt es sich um eine Übersetzung eines unabhängigen Trägerkreises, der als eingetragener Verein organisiert ist. Die erste Ausgabe erschien 2006. Die "Bibel in gerechter Sprache" hat ihre theologischen Wurzeln in der Befreiungstheologie, der feministischen Theologie und im christlich-jüdischen Dialog. Ihre Absicht ist dabei, nicht nur dem Urtext gerecht zu werden, sondern auch den Geschlechtern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen sowie sozialen Verhältnissen. Eines der Markenzeichen der Übersetzung ist, dass sie von Gott nicht als "Herrn" spricht wie im griechischen Urtext. Die "Bibel in gerechter Sprache" präsentiert stattdessen eine Vielzahl von Anreden in beiderlei Geschlecht, wie "Adonaj", "die Lebendige", "der Ewige", "die Heilige". Die Anrede des Vaterunsers lautet inklusiv: "Du, Gott, bist uns Vater und Mutter im Himmel" (Mt 6,9).

Hinter dem Projekt stehen vor allem evangelische Theologinnen und Theologen. Auf offizieller Ebene ist die Übersetzung umstritten. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) distanzierte sich nach Erscheinen davon – und hat bis heute Bedenken. Aktuell ist eine Neuübersetzung geplant.

Von Matthias Altmann