Berliner Oberhirte äußerte sich zum Reformationstag

Erzbischof Koch: Martin Luther ist Vorbild in Sachen Gottvertrauen

Veröffentlicht am 31.10.2021 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 

Potsdam ‐ Zum Reformationstag hat sich Berlins Erzbischof Heiner Koch mit großer Wertschätzung über Martin Luther geäußert. Zugleich äußerte Koch sein Bedauern über Konsequenzen der Reformation, an denen die Christen bis heute litten.

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Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat Martin Luther als Vorbild in Sachen Gottvertrauen gewürdigt. Mit Blick auf den Auftritt des Reformators vor dem Reichstag in Worms im Jahr 1521 und den ihm zugeschrieben Ausspruch "Hier stehe ich, ich kann nicht anders!" sagte Koch am Sonntag, dass Luthers tiefes Gottvertrauen ihm die Kraft für die Reise nach Worms und sein Auftreten vor dem Reichstag gegeben habe. "Sich von Gott getragen fühlen und das Wissen, dass Gott mit seiner Gnade allen menschlichem Handeln immer schon zuvorkommt, hat ihn frei gemacht, auch gegen große Widerstände, selbst gegen Kaiser und Papst, anzustehen. In diesem Gottvertrauen ist Martin Luther mir bis heute ein Vorbild", betonte der Erzbischof bei einem Empfang der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) zum Reformationstag in Potsdam.

Koch äußerte bei dem Empfang zudem seine "menschliche wie theologische Anerkennung und Achtung für die mutige Haltung Martin Luthers". Es habe lange gedauert – bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts –, ehe die katholische Lutherforschung einen wertschätzenden Blick für die von Luther angestoßene Reformation des christlichen Glaubens entwickelt habe. "Martin Luther hat an der römischen Kirche seinerzeit kritisiert, was nicht mehr katholisch war. Eine Reformation der Kirche war dringend notwendig", so der Erzbischof.

Es gehöre zur Tragik der Geschichte, dass das berechtigte Reformationsanliegen Luthers zur Spaltung der Kirche geführt habe, "an der wir bis heute leiden", so Koch weiter. Sicher habe der streitbare Charakter des Reformators daran seinen Anteil: "Ich streite, also bin ich – so lässt es sich vielleicht, mit einer Anleihe an Descartes, auf den Punkt bringen. Diplomatische Leisetreterei war jedenfalls nicht Luthers Sache." Aber zum Streit gehörten immer zwei. Und die Protagonisten beider Seiten hätten sich gegenseitig nichts geschenkt. Luther habe kräftig zugelangt – indem er öffentlichkeitswirksam die Bannandrohungsbulle verbrannt und den Papst als "Antichrist" diskreditiert habe. Die römische Reaktion habe jedoch nicht lange auf sich warten lassen. So sei Luther von der Kirche exkommuniziert und mit dem Bann und ewiger Verdammnis belegt worden. "Ziemlich viel Geräusch – das bis heute nachhallt", so Koch. (stz)