Es geht doch: Wie pastorale Lösungen die theologische Debatte einholen
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Neulich war ich in meiner westfälischen Heimat bei der Beerdigung einer lieben Verwandten. Die ganze Familie war da, und trotz des traurigen Anlasses gab es das gute Gefühl eines festen Zusammenhalts unter den Generationen. Die Verstorbene war über 90 und 70 Jahre Mitglied der Frauengemeinschaft. Sie war tief verwurzelt in der Kirche und der Gemeinde. Und so gehörten zur Trauergemeinde nicht nur die Familie, sondern auch Freunde und Wegbegleiter. Und beim Beerdigungskaffee hat es allen gut geschmeckt, und ein bisschen gelacht wurde auch. So ist das bei uns, und so ist das gut.
Die Kirche war – gemäß der Corona-Vorschriften – voll besetzt. Orgel und Gesang ertönten, dann sprach der Priester die freundliche Begrüßung. Doch mit der deutschen Sprache tat er sich schwer. Das Evangelium wurde dann von einer Frau vorgetragen. Und auch die Predigt wurde von ihr gehalten, alle konnten sie gut verstehen. Sie predigte sehr persönlich, auch sehr fromm, im guten Sinne – voll hoffnungsvollem Vertrauen in die Gemeinschaft der Lebenden und der Toten. Später beim Beerdigungskaffee wurde darüber gesprochen. Das war aber wirklich eine schöne und würdige Feier, sagten alle, manche davon waren schon länger nicht in der Kirche gewesen. Regelrecht überrascht wirkten einige.
Später hatte die Frau auch die Einsegnung vorgenommen und auch die Bestattung, in langem weißem Messgewand und mit einer Art schwarzem Kragen um den Hals. "Ist das jetzt eine Diakonin?", fragt jemand in der Gaststätte später. "Ja", antwortet ein anderer stolz, "das ist unsere Diakonin, die macht das jetzt schon ein paar Jahre." Tja, hieß es dann, den Pfarrer sehe man eh nur noch selten und wenn meist missmutig. Und den freundlichen Kaplan verstehe man eben nicht so gut.
Ich habe nichts gesagt, ich habe nur zugehört. Es gab leckeren Rosinenstuten mit Schinken, das isst man bei uns so. Das müssen auch nicht alle verstehen. Da muss man gar nichts sagen, sich still freuen – und dem Herrn danken. Es geht doch.
Der Autor
Volker Resing ist Chefredakteur der Herder Korrespondenz.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.