Bischof Kohlgraf: Auch die Bibel kennt Quarantäne und Schutzmaßnahmen
Bischof Peter Kohlgraf hat daran erinnert, dass auch die Bibel Quarantäne, Schutzmaßnahmen und Gottesdienstordnungen kennt. Dies bedeute „keinen Widerspruch zum Glauben an einen allmächtigen Gott“, schrieb Kohlgraf am Donnerstag in seiner Kolumne "Wort des Bischofs" in der aktuellen Ausgabe der Kirchenzeitung "Glaube und Leben" des Bistums Mainz. In der christlichen Vorstellung hebele Gott "die natürlichen Vorgänge der Schöpfung eben nicht willkürlich aus".
Der Mainzer Bischof reagierte mit seiner Äußerung auf Kritik an den weiterhin bestehenden Hygienevorschriften aufgrund der Corona-Pandemie, die viele Pfarreien erreichen würden, so Kohlgraf weiter. Auch er selbst erhalte vereinzelt Kommentare zu diesem Thema: "Jesus, so ein Einwand, hätte sich zugunsten der Menschen über Hygienevorschriften hinweggesetzt; zudem gebe der Glaube doch die Sicherheit, dass Gott eine Ansteckung im Rahmen religiöser Aktivitäten verhindern würde." Doch die Meinung, dass Wunder bedeuteten, dass Gott sich über die Naturgesetze hinwegsetze, sei "lehramtlich nicht (mehr) die leitende Auffassung", so Kohlgraf.
Kohlgraf: Auch bei Gottesdienst Infektion möglich
Auch beim Gottesdienst, beim Singen und Beten sowie beim Kommunionempfang könne eine Infektion mit dem Coronavirus erfolgen, warnte Kohlgraf. Dieser Hinweis sei ihm "fast peinlich", doch er halte ihn aufgrund der kritischen Einwände für notwendig. Zudem habe sich Jesus nicht über die Hygienevorschriften des Alten Testaments hinweggesetzt, sondern nach einer Heilung von Aussätzigen die Genesenen sogar dazu aufgefordert, sich entsprechend der jüdischen Vorschriften einem Priester zu zeigen.
Jesus sei einer eindeutigen Linie bei Fragen des Umgangs mit dem Schutz der Gemeinschaft vor Ansteckung und Krankheit gefolgt, so Kohlgraf. "Geistlichen Eigennutz hätte er auf Kosten anderer nicht für gut befunden." Trotz unterschiedlicher Meinungen zu den geeigneten Hygienemaßnahmen, sollten sich Christen nicht an der Spaltung der Gesellschaft beteiligen und sich davor hüten, die "eigene Meinung vorschnell mit dem Handeln Jesu zu begründen". Die Behauptung, Jesus hätte bei diesen Fragen entsprechend der persönlich favorisierten Meinung gehandelt, sei "problematisch": "Viele aktuelle Fragen haben sich ihm nicht gestellt, und wir werden keine direkte Antwort von ihm bekommen", so Kohlgraf. (rom)