Zollner: Beichte kann "Instrument im Kampf gegen Missbrauch sein"
Pater Hans Zollner hat die Unverletzlichkeit des Beichtgeheimnisses auch in Bezug auf Missbrauchstaten verteidigt. "Das Sakrament der Versöhnung kann ein Instrument im Kampf gegen Missbrauch sein", begründete Zollner seine Haltung. In einem am Wochenende in mehreren fremdsprachigen Medien veröffentlichten Beitrag hob der kirchliche Experte für den Kampf gegen sexuelle Vergehen an Minderjährigen die Rolle des Beichtvaters hervor: Er müsse "alles in seiner Macht Stehende tun, um den Täter davon zu überzeugen, Verantwortung für das zu übernehmen, was er oder sie getan hat". Dazu gehöre auch, den Täter nach der Beichte außerhalb des Beichtstuhls zu einem Gespräch über den Missbrauch aufzufordern.
Der Jesuit schlug eine neue kirchliche Instruktion für Beichtväter vor. "Das würde die persönliche Verantwortung der Beichte hörenden Priester betonen", so Zollner weiter. Außerdem könnte so die geltende Lehre in Erinnerung gerufen werden, dass die Lossprechung von einer Sünde nicht vollzogen werden könne, wenn neben aufrichtiger Reue nicht auch die erklärte Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens gezeigt werde. Der Beichtvater könne so verpflichtet werden, den Täter zur Selbstanzeige bei der Polizei und zum Aufsuchen eines Therapeuten zu bewegen. Falls ein Opfer sich in der Beichte anvertraue, sei ihm mit Empathie und Respekt zu begegnen. Auch in diesem Fall könne es zu einem Gespräch außerhalb des Beichtstuhls kommen, um etwa weitere rechtliche und persönliche Schritte zu erläutern.
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Aktuell wird in Frankreich, aber auch in anderen Ländern über eine Aufhebung des Beichtgeheimnisses für Missbrauchstaten diskutiert. Der Grund ist das große Ausmaß des kirchlichen Missbrauchsskandals. Für Zollner ist klar, dass die Vorgaben der Kirche nicht über den staatlichen Gesetzen stehen. Doch das Beichtgeheimnis sei "unantastbar". Zudem gebe es keine Hinweise darauf, dass eine Aufhebung des Beichtsiegels Missbrauch verhindern könne. Die meisten Priester, Gefängnisseelsorger ausgenommen, würden wahrscheinlich nie von Missbrauch in der Beichte erfahren. Denn die meisten Katholiken würden kaum zur Beichte gehen, in vielen Pfarreien gebe es immer weniger Beichtangebote.
Außerdem würden die Priester oftmals den Namen der Gläubigen nicht kennen, die bei ihnen beichteten, so Zollner. "Hebt man das auf, würden nur sehr wenige Menschen weiter zur Beichte kommen – und sicherlich keine Täter, die dadurch eine Inhaftierung riskieren würden." Die absolute Verschwiegenheit des Beichtstuhls erkläre, "warum Menschen in der Beichte bereit seien, Dinge zu sagen, die sie nirgendwo sonst aussprechen würden". In der Gesellschaft gebe es jedoch Vorstellungen von der Beichte, die so nicht zuträfen. Die Kirche müsse deshalb besser erklären, warum das Sakrament der Versöhnung Missbrauchstäter nicht schütze. Zollner leitet das "Institut für Anthropologie - Interdisziplinäre Studien zu Menschenwürde und Sorge für schutzbedürftige Personen" (IADC) an der Universität Gregoriana in Rom, das 2021 aus dem bisherigen Kinderschutzzentrum CCP hervorging. (rom)