Die Geflüchteten an der Grenze zur EU brauchen unsere Hilfe
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Etwa 2.000 Menschen leben zur Zeit im Niemandsland zwischen Belarus und Polen, mindestens neun sind dort gestorben. Eisige Temperaturen, nichts zu essen – die Bedingungen machen nicht nur den Kindern zu schaffen. Den Geflüchteten gegenüber: die polnische Armee und der geballte politische Wille der EU, sich nicht erpressbar zu machen. Und ja: Lukaschenko, der Machthaber von Belarus, spielt ein böses Spiel, bei dem wir nicht mitmachen sollten. Aber: können wir zulassen, dass die Geflüchteten zum Spielball werden?
Wir bekommen nur wenig mit von dem, was sich dort in den Wäldern abspielt. Denn Journalistinnen und Journalisten haben seit Ende September keinen Zugang zu dem über 400 Kilometer langen Grenzstreifen, um sich ein eigenes Bild von der Situation der Menschen dort zu machen. Es bleiben die Berichte durch den Zaun gepaart mit Videos der Geflüchteten, die ihre verzweifelte Lage über Socialmedia verbreiten. Nicht nur für Reporter ohne Grenzen ist das ein Notstand für die Pressefreiheit.
Begründet werden diese Entscheidungen mit der Rede vom hybriden Krieg – also einer Kriegsführung, bei der nicht-militärische Mittel eingesetzt werden. Experten sprechen von Rohstoffen oder eben Migranten: Menschen, die um ihr Leben fürchten. Sie werden instrumentalisiert, sind aber ganz sicher keine Waffen. Und genau deshalb ist Pressefreiheit entscheidend: im Sinne der Betroffenen genau hinschauen und beobachten.
Was wir dennoch sehen können: Menschen in großer Not, die in ihrer Hoffnung für ein besseres Leben auf uns vertrauen: auf uns, auf die EU, auf Deutschland. Die wir mit unseren Grundwerten für Demokratie und Menschenrecht stehen, für Freiheit und für ein Recht auf Asyl. Was stattdessen dort geschieht, ist das Gegenteil: Die Pushbacks, mit denen die polnische Armee Menschen zurücktreibt nach Belarus, gelten als illegal. Die Geflüchteten haben ein Recht darauf, dass ihr Asylantrag geprüft wird. Keine Hilfeleistung für Menschen in Not steht gegen alle Werte, auf die sich die EU beruft. Und, last but not least, eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern, ist ein massiver Eingriff. Ein Tyrann wie Lukaschenko hat damit eines seiner Ziele erreicht: Die EU verrät ihre eigenen Werte. Dagegen sollten wir uns stellen, mit aller Kraft. Und den Menschen aus dem Niemandsland eine Zukunftsperspektive geben. Denn wir wissen: Wir schaffen das.
Die Autorin
Claudia Nothelle lehrt Fernsehjournalismus an der Hochschule Magdeburg-Stendal, ist Aufsichtsratsvorsitzende der katholischen Journalistenschule ifp und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin wider.