Serie: Spirituelle Impulse zum Advent

1. Advent: Jeder kann ein Zeichen sein

Veröffentlicht am 28.11.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die zweite Corona-Adventszeit beginnt, unter ähnlichen und doch ganz anderen Vorzeichen als 2020. In spirituellen Impulsen wirft katholisch.de einen Blick auf diese Zeit, inspiriert aus Schlüsselworten des Sonntagsevangeliums. In der ersten Folge geht es um Zeichen.

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Krisenerfahrungen im Leben sind normal und – das kann man in dieser Deutlichkeit sagen – Alltag. Wenn liebe Menschen krank werden oder sterben, wenn man selbst einen Unfall hat, arbeitslos wird oder die Beziehung mehr Belastung als Bereicherung ist, dann lenkt die Kurve des Lebens Richtung Talfahrt. Oft zeigt sich erst im Rückblick, welche Zeichen oder – je nach Blickwinkel – rote Fahnen den Moment angekündigt haben, an dem sich die Dinge ändern. Von diesen Zeichen spricht das Evangelium des heutigen ersten Adventssonntags (Lk 21,25-28.34-36), von dem Moment, an dem man sich schonmal auf das Kommende hätte vorbereiten können. Bei Lukas geht es um das Ende der Welt und den Beginn einer neuen Welt. Doch soweit muss man gar nicht gehen, es reicht ein Blick in unsere von Krisen geprägte Gegenwart. Hier spielen Zeichen eine große Rolle für die Zukunft. Denn Krisen, das ist dem Wort schon immanent, dauern in der Regel nur eine begrenzte Zeit, danach lösen sie sich auf. Auch, wenn Menschen inmitten einer Krise das oft nicht einleuchtet.

Nun leben wir alle seit fast zwei Jahren im Krisenmodus und die Zeichen sind derart vielschichtig und zahlreich geworden, dass es oft schwerfällt, sie zu erkennen und voneinander zu unterscheiden. Oft schon kam der Moment, in dem viele Menschen das Ende der Pandemie herannahen sahen – doch in diesem Winter wird einmal mehr klar, dass das ein Trugschluss war. Viele Hoffnungen wurden schon enttäuscht. Manche haben die Hoffnungslosigkeit schon hinter sich gelassen und sind in der Aggression angelangt – einerseits verständlich, andererseits ist das natürlich nicht der richtige Weg.

Mit all diesen Vorzeichen fällt der Schritt in den Advent 2021 keineswegs leicht. Denn welche Perspektive bietet eine Vorbereitungszeit, wenn wegen steigender Infektionszahlen fraglich ist, wie das Weihnachtsfest aussehen wird? Beinahe möchte man mit einem Psalm sagen: "Zeichen für uns sehen wir nicht, es ist kein Prophet mehr da, niemand mehr ist bei uns, der weiß, wie lange noch." (Ps 74,9)

Ausweg statt Schockstarre

Doch gleichzeitig ist die Lage auch nicht mehr wie Ende vergangenen Jahres, als die Stille und Leere des Weihnachtsfestes die Schockstarre einer Gesellschaft geradezu sinnbildlich ausgedrückt hat. Mit Impf- und Testmöglichkeiten gibt es Zeichen, die einen Ausweg weisen. Damit dieser Weg Wirklichkeit wird, braucht es Aufmerksamkeit und Handlungsbereitschaft – von den Individuen genauso wie von der Gemeinschaft. Das heißt, gute Zeichen allein bringen nichts, wenn sie nicht auch in Taten umgesetzt werden.

Jemand streckt seine geöffneten Hände aus
Bild: ©stock.adobe.com/master1305

Fragen nach außen sollten auch nach innen gestellt werden.

Ein Teil des Endes der Krise und der ganz eigene Schritt in den Advent kann es also sein, selbst ein Zeichen zu sein, für sich und vor allem für andere. Es sind nicht immer nur die anderen, die etwas tun müssen. Den Appell nach außen zu richten bedeutet immer, vorher die gleiche Frage auch an sich selbst zu richten.

Aufmerksamkeit und Handlungsbereitschaft

Was kann das Aufmerksamkeit und Handlungsbereitschaft in dieser jetzigen Situation bedeuten? Da ist einmal die Sorge um sich selbst: Wie sorgsam oder sorglos geht man mit Kontakten oder Hygienemaßnahmen um? Wie lange ist die Impfung her und müsste sie erneuert werden? Je nachdem, wie diese Faktoren gelagert sind, wird der Einzelne mehr oder weniger ein Risiko für das Umfeld. Dazu kommt das Verhalten mit anderen: Umarmt man? Und wenn ja, wen? Lassen sich Abstände einhalten?

Dazu gehört aber auch das Denken weit über solche äußerlichen Faktoren hinaus: Bin ich – unabhängig von physischer Entfernung – für andere da? Rufe ich an, melde ich mich, frage ich nach? Auch digital, mit einem Brief oder Anruf kann man andere seine Aufmerksamkeit und den (emotionalen) Schritt zu ihnen spüren lassen.

Wir betreten eine Zeit zwischen Risiko und Hoffnung, die allen viel abverlangt. Die Aufgabe und dabei aber auch das Vergnügen eines jeden Einzelnen kann es sein, das Risiko einzuschätzen – und dabei Hoffnung zu spenden. Damit kann ein jeder ein gutes Zeichen sein, ein Schritt aus der Krise und in den Advent.

Von Christoph Paul Hartmann

Herr,
oft kann ich die Zeichen um mich nicht deuten
oder es fällt mir sehr schwer;
mir fehlen Überblick und Einsicht.
Gib du mir im Vertrauen auf dich Hoffnung,
trotzdem den ersten Schritt auf Weihnachten hin zu machen.
Lass mich auf diesem Weg
ein Zeichen für andere sein
und mich die Hoffnung
in ihre Herzen tragen.

Amen.