Anerkennungsleistungen bei Missbrauch: DBK hält an Verfahren fest
Die deutschen Bischöfe haben einige Verbesserungen beim Verfahren zur Anerkennung des Leids von Opfern sexualisierter Gewalt zugesagt. Grundsätzlich wollen sie aber am bestehenden System festhalten, beschloss der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am Dienstag in Würzburg. Die finanziellen Leistungen sollen nicht aufgestockt werden. Damit wird einem zentralen Kritikpunkt der Betroffenen nicht entsprochen, wie aus in der in Bonn veröffentlichten Pressemitteilung hervorgeht. Der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz äußerte "Unverständnis und Empörung" über die Entscheidung.
Zuvor hatten sich Vertreter der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), des Betroffenenbeirats bei der Bischofskonferenz, der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) und der Bischofskonferenz zweimal zu Gesprächen getroffen. "Die Gespräche waren konstruktiv und in wichtigen Punkten konnte Übereinkunft zur Verbesserung des Verfahrens erreicht werden. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass die Positionen zur Höhe der Leistungen nicht vereinbar sind", heißt es in der Pressemitteilung der Bischöfe.
Mehrere Gespräche im Vorfeld
Als konkrete Verbesserungen des Verfahrens nannte die Bischofskonferenz, dass Betroffene künftig gegen die Leistungshöhe Widerspruch einlegen können. Auch stocken die Bischöfe die Geschäftsstelle und die Kommission für Anerkennungsleistungen personell auf. Somit könne eine dritte Kammer als Gremium eingerichtet werden, in der Anträge zur Leistungshöhe entschieden werden. Das bedeute eine weitere Verkürzung der Bearbeitungsdauer, heißt es.
Zur Höhe der Anerkennungsleistungen heißt es, dass sich die Zahlungen an die Schmerzensgeldzahlungen staatlicher Gerichte anlehnen. "Dabei wurde bewusst entschieden, dass sich die Leistungen am oberen Bereich der Schmerzensgeldtabellen orientieren und in besonderen Fällen auch deutlich darüber hinausgehen können", so die Bischöfe.
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Zuletzt übten Missbrauchsbetroffene scharfe Kritik an der Kommission für Anerkennungsleistungen. Deren Vorsitzende Margarete Reske erklärt im Interview, wie das Gremium arbeitet – und warum es zu Verzögerungen bei den Antragsverfahren kommt.
Der Betroffenenbeirat erklärte dazu, zwar gebe es einige Verbesserungen. Die Bischöfe seien aber offenkundig nicht bereit, in entscheidenden Fragen auf die Betroffenen zuzugehen. Scharf kritisiert der Beirat das Nein zu einer Erhöhung der finanziellen Leistungen. "In Anbetracht von niedrigen Leistungen, von zahlreichen Retraumatisierungen, unter anderem durch Antragstellung und Bescheide ausgelöst, klingt das erneute Festhalten am bestehenden Anerkennungssystem wie blanker Hohn und Zynismus", heißt es.
Mit Blick auf Verbesserungen betont der Betroffenbeirat, selbst die personelle Aufstockung der UKA bringe keine kurzfristigen Effekte. "Es wird wohl weitere 12 Monate dauern, um die bisher aufgelaufenen Anträge abgearbeitet zu haben." Die Einrichtung einer Widerspruchsstelle sei lediglich Ausdruck üblicher rechtsstaatlicher Verfahren, heißt es weiter. Eine Begründung der Entscheidungen der UKA werde aber weiter ausbleiben.
"Empörende und inhaltsleere Nebelkerze"
Angesichts der Entscheidungen der Bischöfe empfindet der Betroffenenbeirat die Bitte zur Weiterführung der Gespräche als "empörende und inhaltsleere Nebelkerze". Der Beirat werde noch darüber beraten, ob dieses Gesprächsangebot angenommen werde.
Im September 2020 hatten die Bischöfe das System der "Anerkennungsleistungen" für Betroffene sexualisierter Gewalt grundsätzlich reformiert. Wer als Kind und Jugendlicher Missbrauch durch Kirchenmitarbeiter erlebt hat, soll seit Januar 2021 je nach Schwere des Falls ein bei Gerichtsverfahren übliches Schmerzensgeld von bis zu 50.000 Euro erhalten. Zugleich wurde die Unabhängige Kommission (UKA) aus Juristen, Pädagogen, Medizinern und Psychologen gegründet, die die Höhe der Anerkennungsleistungen individuell festlegt.
In den vergangenen Monaten hatte der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz gefordert, das Verfahren noch einmal grundlegend zu reformieren. Es führe zu zahlreichen Retraumatisierungen bis hin zu Krankenhausaufenthalten, gehe zu langsam und sei intransparent und ungerecht. Viele Bescheide fielen "für die Beteiligten unverständlich und unangemessen gering" aus. Daraufhin wurden das Personal der Kommission erstmals aufgestockt, die Arbeitsformen beschleunigt und die Tagungsintervalle verkürzt. (KNA)
23.11., 19:20 Uhr: Ergänzt um Reaktion des Betroffenenbeirats.