Hoff: Vertrauen in Kirche nicht mit Einzelmaßnahmen wiederherstellbar
Laut dem Salzburger Fundamentaltheologen Gregor Maria Hoff reichen einzelne Maßnahmen nicht mehr aus, um nach dem Missbrauchsskandal wieder Vertrauen in die Kirche herzustellen. "Die Kirche verstetigt ihren inneren Glaubenswiderspruch, wenn sie nicht verändert, was Missbrauch kirchlicher Macht ermöglicht", schrieb Hoff in einem Beitrag für die "Herder Korrespondenz" (Dezember-Ausgabe). Bis heute werde nicht anerkannt, dass der Missbrauch in der Kirche keine Episode darstelle, sondern zu der "Wahrheitsform sakralisierter Macht" gehöre, mit der sie sich organisiere. Um die grundlegende Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche wiederherzustellen, benötige es mehr als Absichtsbekundungen: "Es braucht kirchenbildende Konsequenzen, wie sie mit den Agenden des Synodalen Wegs in Deutschland auf der Tagesordnung stehen", so Hoff, der Berater im "Forum Macht und Gewaltenteilung" des Reformprozesses ist.
Für die katholische Kirche sei der Missbrauchsskandal ein fundamentaltheologisches Problem, so Hoff weiter. "Der Bruch basalen Vertrauens betrifft die Grundlegung des Glaubens." Besonders mit ihren sakramentalen Handlungen nehme die Kirche die "Zeichen des Lebens" auf, die Jesus gesetzt habe. Wenn die Kirche allerdings im "Zeichen des Todes" erfahren werde, verlören die Zeichen nicht nur ihre Grundlage. "Sie zerstören Glauben, wenn die Kirche mit zerstörerischer Macht identifiziert wird." An diesem "Abgrund einer selbstverschuldeten Auflösung ihrer Glaubensgrundlagen" stehe die Kirche. "Der kirchliche Glaubwürdigkeitsverlust bedingt den Kollaps eines Vertrauens, der sich mitten in der Kirche vollzieht – bei Betroffenen, aber auch über sie hinaus."
In diesem Zusammenhang fordert Hoff, das Lehramt der Betroffenen des Missbrauchsskandals ernst zu nehmen. In den Opfern sexueller und geistlicher Gewalt trete der Kirche Jesus Christus entgegen, der sich mit marginalisierten Menschen, mit den Verwundeten aller Zeiten identifiziere. "Dieses in einem präzisen Sinn außerordentliche Lehramt anzuerkennen und die damit verbundene Lektion zu lernen, kann der Kirche förmliche Glaubwürdigkeit zurückgeben, weil sie sich so der Gegenwart Jesu Christi versichert." Dadurch könne Raum für ein neues Vertrauen in die "traditio Christi" entstehen. Das "besondere Lehramt der Betroffenen" ziehe eine epistemische, aber auch eine soziale Gewaltenteilung nach sich: "Es spricht in jede Form intransparenter, monokratischer Macht in der Kirche ein – und auch gegen ihre sakrale Überhöhung", betont Hoff. (mal)