Erzdiözese München und Freising verordnet sich "Kulturwandel"
Finanziell steht die Erzdiözese München und Freising unter den deutschen Bistümern immer noch gut da. Mit einem Vermögen von 6,1 Milliarden Euro (Stand: 2020) liegt sie bundesweit nach Paderborn an zweiter Stelle. Künftig wird aber auch in München mit weniger Kirchensteuermitteln und Personal gerechnet. Allein bis 2030 wird sich etwa ein Drittel der Beschäftigten in den Ruhestand verabschieden. Um weiter bestmöglich für die Menschen da sein zu können, sind in einem Gesamtstrategieprozess in den vergangenen 15 Monaten erste Weichen gestellt worden. Auf deren Grundlage sollen die Gemeinden nun Entscheidungen fällen.
Bei einer digitalen Pressekonferenz stellte Generalvikar Christoph Klingan am Donnerstag in München die Ergebnisse vor. Sie seien kein Schlusspunkt, sondern vielmehr ein "Doppelpunkt". Zugleich sprach er von einem "Kulturwandel". Mit dem entwickelten Zielbild solle nämlich weitergearbeitet werden. Was in Bildungseinrichtungen schon längst der Fall ist, nämlich sich regelmäßig einer Evaluierung zu unterziehen, soll künftig auch für die Gemeindeseelsorge gelten. Nicht die Zahl von Gottesdienstbesuchern gelte dann als Maßstab, sondern die "Wirksamkeit" der Seelsorge. Wie aber lässt sich diese messen?
Zwei für 2022 geplante Pilotprojekte sollen erste Klarheit bringen. Pastoralreferentin Susanne Deininger aus dem Landkreis Dachau wird bei einem mitarbeiten. Eine Art Werkzeugkasten liege vor. Nun müsse erprobt werden, wie sich dieser bewähre. Die eigene Arbeit reflektieren und mit anderen über deren Wirkung ins Gespräch kommen, verhindert laut Deininger, dass Angebote einfach nur aus Gewohnheit oder Tradition fortgeführt werden. Stattdessen sollten bewusst Schwerpunkte dort gesetzt werden, "wo die Wirkung besonders hoch ist". Danach müsse sich dann auch der Ressourceneinsatz ausrichten.
Ein zweites Pilotprojekt wird sich auf die kirchlichen Immobilien konzentrieren. Viele Pfarrhäuser, so der Generalvikar, stünden mittlerweile leer und würden nicht mehr gebraucht, so dass ein Verkauf zu überlegen sei. Anders sieht es mit Pfarrheimen aus. Diese könnten etwa mit ökumenischen oder kommunalen Partnern genutzt werden. Kreativität ist also von den Verantwortlichen in den Pfarrverbänden gefragt, um handlungsfähig zu bleiben. Passiert in dieser Hinsicht nichts, könnten fehlende kirchliche Zuschüsse letztlich Entscheidungen erwirken, gab Klingan zu bedenken.
Um diese Herausforderungen zu meistern, kommt auf die Kirchenmitarbeiter in den Gemeinden viel zu. Der Generalvikar kündigte Fortbildungen für das gesamte Seelsorgepersonal an. Auch Deininger betonte, dass in den kommenden Monaten die Ergebnisse des Strategieprozesses bestmöglich kommuniziert werden müssten, "um alle mitzunehmen".
Thema Ehrenamt künftig noch wichtiger als bisher
Auch das Thema Ehrenamt wird künftig noch wichtiger als bisher. Freiwillig Engagierte brächten ihre Charismen für die Kirche ein und seien so Multiplikatoren für kirchliche Werte in der Zivilgesellschaft, hieß es. Sich für vier Jahre als Pfarrgemeinderat in die Pflicht nehmen zu lassen, schrecke manche aber eher ab. Deshalb müssten, findet Klingan, auch andere Formen des Ehrenamts möglich sein, wenn sich etwa jemand nur für ein bestimmtes Thema einbringen wolle. Außerdem sollten Ehrenamtliche Qualifizierungsmöglichkeiten erhalten.
Verbesserungsbedarf erkennt Klingan nicht zuletzt bei der Außendarstellung der Kirche. Schon jetzt passiere viel Gutes, was noch deutlicher nach außen dringen müsse. Als Beispiel nannte er die weithin geschätzte Arbeit der Krankenhausseelsorger. Diese seien nicht nur für Katholiken, sondern für alle da. Auch die Arbeit in den katholischen Kitas komme der ganzen Gesellschaft zugute. Digital hinke man allerdings noch hinterher, räumte Klingan ein. Zwar gefalle mittlerweile 16.000 Nutzern die Facebook-Seite des Erzbistums. Influencer würden darüber aber nur müde lächeln.