ZdK-Präsidentin: Reformen sind Existenzfrage der katholischen Kirche
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, hält Reformen für eine Existenzfrage der katholischen Kirche. Bei über 200.000 Kirchenaustritten pro Jahr sei es "offensichtlich", dass Reform- und Kommunikationsverweigerung keinen Weg in die Zukunft wiesen, sagte Stetter-Karp im Interview der Woche, das der "Deutschlandfunk" am zweiten Weihnachtsfeiertag ausstrahlt. Konkret sprach sich Stetter-Karp dafür aus, Frauen den Zugang zu Weiheämtern zu öffnen. Auf die Frage, ob geweihte Männer in einem anderen, höheren Daseinsstand seien, antwortete sie: "Das glaube ich nicht."
Bei dem von den Bischöfen und dem ZdK initiierten Synodalen Weg zur Zukunft der Kirche in Deutschland erwartet die ZdK-Präsidentin kontroverse Debatten. "Es wird nicht möglich sein, zu jeder Situation zu sagen, ja, wunderbar, bleiben wir doch zusammen, egal, wie die Inhalte ausgehen." Als "Geburtsfehler" bezeichnete Stetter-Karp die Tatsache, dass jeder Beschluss auch mit Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe gefasst werden muss und nicht das Mehrheitsvotum des Plenums ausreicht. Beim Thema Aufarbeitung sexualisierter Gewalt plädiert die ZdK-Präsidentin für ein von der Kirche unabhängiges Verfahren. "Ich glaube nicht, dass es ausreicht, wie derzeit die Aufarbeitung organisiert ist."
Auch die neue Berliner Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) fordert kirchliche Reformen wie Priesterinnen und mehr Machtkontrolle in der katholischen Kirche. Ohne solche Reformen stehe die Kirche "an einem Scheideweg", sagte Jarasch in einem Interview des Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstag). "Es ist unklar, ob sie in Europa überhaupt noch eine Zukunft hat, wenn sie nicht die Zeichen der Zeit erkennt." Jarasch gehört ebenfalls dem ZdK an.
Verkrustete Strukturen in "Männerkirche" aufbrechen
In der katholischen Kirche gehöre sie zu denen, "die sehr darauf drängen, dass wir verkrustete Strukturen endlich aufbrechen und mit Macht in dieser Männerkirche anders umgegangen wird als bisher", erklärte Jarasch. So kenne sie "keine theologisch sinnvolle Begründung, warum Frauen nicht Priesterin sein könnten". Es sei notwendig, "den Kleriker-Status zu öffnen und die damit verbundenen Privilegien abzubauen".
Zudem müssten Priester und Bischöfe "transparenter mit Macht umgehen. Diese Macht muss sich auch innerhalb der Kirche mehr rechtfertigen." Die seit Dienstag amtierende Stellvertreterin der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kritisierte auch die Sexualmoral. Es gebe "einen heuchlerischen Umgang mit Homosexualität in der katholischen Kirche". Trotz ihrer Kritik an der Kirche hob Jarasch aber hervor, dass der christliche Glaube sie freier mache, weil sie wisse, "dass es im Leben noch eine Orientierung jenseits von Politik gibt". Ihre politischen Entscheidungen leite sie aber nicht aus der Bibel ab. "Ich bin auch als Christin eine säkulare Staatsbürgerin und zuallererst den Menschen in dieser Stadt verpflichtet", so die 53-Jährige.
Grüne und Katholikin sein passe für sie aus zwei Gründen sehr gut zusammen, erklärte die Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der Abgeordnetenhauswahl im September weiter. Es sei das Engagement für die Menschenwürde, die Katholiken mit Gott und Grüne mit den Menschenrechten und "vielleicht auch mit den Erfahrungen des Holocausts" begründeten. Zudem sei es das Engagement dafür, was Katholiken als Bewahrung der Schöpfung und Grüne als Umwelt- und Klimaschutz bezeichneten. Jarasch räumte zugleich ein, Solidarität, Großmütigkeit und echtes Interesse an Menschen seien kein Monopol des Christentums. Sie kenne "viele nichtgläubige Menschen, die diese Werte leben". (tmg/KNA)