Der Papst hat die heilsame Dezentralisierung aufgegeben
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Eigentlich war Papst Franziskus mit einem Programm der "heilsamen Dezentralisierung" angetreten. Die Kurienreform sollte das Prinzip der Subsidiarität stärken und mehr Entscheidungen auf die Ebenen unterhalb des Vatikan verlagern. Die Kurienreform steht immer noch aus. Wie ernst es dem Papst mit der Dezentralisierung ist, muss man an anderen Maßnahmen ablesen – und der Eindruck ist verheerend.
Egal wie man zum Ziel der liturgischen Einheit steht, das Franziskus mit seinen massiven Einschränkungen der vorkonziliaren Liturgie erreichen will: Dass die von der Liturgiekongregation mit Zustimmung des Papstes in Form von Responsa ad Dubia erlassenen Ausführungsbestimmungen bis hinein in Pfarrblätter regeln (es sei "nicht angemessen, eine solche Feier in die Gottesdienstordnung der Gemeinde aufzunehmen"), ist das Gegenteil von Subsidiarität.
Anstelle von Subsidiarität als Organisationsprinzip scheint für Franziskus die zentrale Eindämmung von Wildwüchsen, tatsächlichen oder empfundenen, die neue Strukturmaxime zu sein. Ein Motu Proprio wie "Magnum principium", mit dem der Papst 2017 Kompetenzen bei der Übersetzung liturgischer Bücher weg von der Kurie hin zu den Bischofskonferenzen verschoben hatte, ist heute kaum mehr denkbar. Im vergangenen Sommer regelte eine Instruktion der Kleruskongregation detailliert, wie Pfarrgremien strukturiert sein müssen – bis hin zu Vorgaben, welche Bezeichnungen nicht zulässig sind. Im Winter darauf entzog der Papst mit dem Motu Proprio "Authenticum Charismatis" Diözesanbischöfen das Recht, eigenständig neue Orden und Gemeinschaften anzuerkennen. Im Sommer veröffentlichte das Laiendikasterium ein Dekret, mit dem neue Vorgaben für die Strukturen von Vereinigungen ins kirchliche Vereinsrecht aufgenommen wurden, etwa eine Amtszeitbegrenzung. Mit der Reform des kirchlichen Strafrechts werden Diözesanbischöfe zwar immer noch gehalten, eigenes Recht zu schaffen, das in einer Kirchenprovinz oder in einem Land möglichst identisch sein soll – aber eine entsprechende gemeinsame Gesetzgebungskompetenz für Bischofskonferenzen gibt es weiterhin nicht.
Papst Franziskus macht das Prinzip der Synodalität immer wieder stark. Synodalität scheint für ihn aber nichts mehr mit Subsidiarität zu tun zu haben: Beratungen ja, aber am Ende entscheidet der Papst eigenständig. Synodalität heißt für ihn nicht, Bischofssynoden und -konferenzen Beschlusskompetenzen zu geben, und erst recht nicht beschließende Teilhabe des Volk Gottes am Wirken der Kirche. Heilsame Dezentralisierung, das war gestern. Autorität, auch die päpstliche, findet ihre Grenzen in der Zustimmung der ihr Unterworfenen – und die wird mit autoritärem Zentralismus nicht gefördert.
Der Autor
Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und Mitglied im Vorstand der Gesellschaft katholischer Publizisten (GKP).Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.