De Maiziere warnt vor Gegeneinander von Staat und Kirche
Die von der neuen Bundesregierung geplante Ablösung von Staatsleistungen an die Kirchen birgt nach Ansicht des früheren Bundesinnenministers Thomas de Maiziere sowohl Chancen als auch Risiken. Über das gesamte Verhältnis zwischen Staat und Kirche werde neu diskutiert werden, sagte der CDU-Politiker und heutige Kirchentagspräsident im Interview des Bonner "General-Anzeigers" (Dienstag). Aus einem "getrennten Miteinander" von Staat und Kirche sollte jedoch kein "getrenntes Gegeneinander" werden.
Laut Koalitionsvertrag wollen SPD, Grüne und FDP "einen fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen" schaffen. Dabei geht es um regelmäßige Zahlungen an die Kirchen aus historischen Gründen - unabhängig von der Kirchensteuer. Für die beiden großen Kirchen zusammen machen diese Staatsleistungen jährlich etwa 550 Millionen Euro aus.
Kirchentag als Plattform für Diskussion über strittige Themen
Um in einer "lauten und lärmenden, vielstimmigen Öffentlichkeit" überhaupt Gehör zu finden, sollten die Kirchen einen Zugang wählen, "der Ohren und Herzen öffnet", riet de Maiziere weiter. Die Kirche sei nicht eine Organisation unter vielen, was auch im Auftreten sichtbar sein müsse. Der Politiker würdigte die Rolle der Kirchen in der Corona-Pandemie, zum Beispiel ehrenamtliches Engagement oder Impfaktionen in Kirchengebäuden.
Den Evangelischen Kirchentag bezeichnete der frühere Minister als Plattform, auf der strittige Themen diskutiert würden, etwa Frieden, Klima, Demokratie, Migration und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Der Kirchentag nehme allerdings keine feste Position ein. Die Kritik an seiner Wahl zum Präsidenten des Kirchentags habe er zur Kenntnis genommen. Mit einigen Kritikern wolle er im kommenden Jahr auch persönlich ins Gespräch kommen.
Der Evangelische Kirchentag findet 2023 in Nürnberg statt. Die Entscheidung für de Maiziere zum Präsidenten kritisierte unter anderem der Vorsitzende des Vereins "matteo - Kirche und Asyl", Stephan Reichel. De Maiziere habe als Innenminister eine "unchristliche" Politik betrieben, so Reichel. Er habe "die rechtspopulistische Stimmung mit Worten und Taten befeuert und eine Asylpolitik der Abgrenzung und Ausgrenzung eingeleitet". (KNA)