Vorwurf sexueller Vergehen: Bistum Essen suspendiert Priester
Das Bistum Essen hat einen Priester suspendiert und ihm die Ausübung seines Dienstes verboten. Die Staatsanwaltschaft lege dem Geistlichen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zur Last, erklärte die Diözese am Dienstag auf der Internetseite. Bischof Franz-Josef Overbeck habe zudem ein kirchenrechtliches Verfahren angeordnet. An welchem Ort der Priester bislang eingesetzt war und welche Staatsanwaltschaft ermittelt, teilte das Bistum nicht mit. Unklar blieb auch, auf welchen Zeitraum sich die Anschuldigungen beziehen. Die Wochenzeitung "Neue Ruhrwort" hatte am Mittwoch zuerst über den Fall berichtet.
Zuletzt hatten Staatsanwälte 2019 nach Recherchen der Wochenzeitung gegen einen anderen, damals 55-jährigen Priester des Bistums Essen ermittelt, der im Verdacht stand, kinderpornografische Bilder besessen zu haben. Wie das Bistums damals mitteilte, soll sich der Geistliche aus dem Sauerland entsprechende Bilder aus dem Internet auf seinen Computer geladen haben. Ausgangspunkt der Ermittlungen war demnach ein Hinweis des Bistums. Im Juni 2020 wurde der Geistliche vom Amtsgericht Lüdenscheid wegen der Beschaffung und des Besitzes von kinderpornografischen Inhalten zu einer Haftstrafe von zehn Monaten auf Bewährung und einer Geldbuße von 5.000 Euro verurteilt. Zudem sollte sich der Priester einer Sexualtherapie unterziehen.
Münchner Missbrauchsgutachten mit Spannung erwartet
Mit Blick auf das mit Spannung erwartete Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising, das voraussichtlich in der kommenden Woche veröffentlicht wird, steht derzeit ebenfalls ein Priester des Bistums Essen im Fokus. Der Geistliche H. hatte sich mehrfach an Minderjährigen vergangen und war deshalb 1980 von Essen nach München und Freising geschickt worden. Im Zusammenhang mit seinem Fall stehen vor allem der emeritierte Papst Benedikt XVI., der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising war, sowie seine Nachfolger, die Kardinäle Friedrich Wetter und Reinhard Marx, unter Druck.
In der vergangenen Woche hatte die Wochenzeitung "Die Zeit" über ein Dekret eines Münchner Kirchengerichts aus dem Jahr 2016 berichtet, durch das insbesondere Joseph Ratzinger belastet werde. Ratzinger habe damals von den Vergehen des Priesters gewusst und der Aufnahme des Geistlichen in seinem Erzbistum zugestimmt. Mehrere Bischöfe, darunter auch Ratzinger, hätten "bewusst auf eine Sanktionierung der Straftat verzichtet". Benedikts Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein, wies diese Behauptungen im Namen des emeritierten Papstes als falsch zurück. Dieser habe zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufnahme des Priesters keine Kenntnis von den Vorwürfen sexueller Übergriffe gehabt. Der emeritierte Papst habe auch nicht bewusst auf die Sanktionierung von H. verzichtet. (stz)