Vatikansprecher Federico Lombardi dementiert Aussagen aus Papst-Interview

"Papst sprach nicht über pädophile Kardinäle"

Veröffentlicht am 14.07.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Vatikansprecher Federico Lombardi.
Bild: © KNA
Medien

Rom/Bonn ‐ Achtung, diese Geschichte könnte Ihnen bekannt vorkommen: Der Papst unterhält sich mit einem atheistischen Journalisten, ein Interview erscheint, Aussagen gehen um die Welt – und dann dementiert der Vatikan einzelne Aussagen über Zölibat und die Kurie. Wie vergangenen Oktober ist am Sonntag ein "Interview" in der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" erschienen, das ein Gespräch von Papst Franziskus mit dem Zeitungsgründer Eugenio Scalfari nachzeichnet.

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Damals hatte Scalfari im Anschluss angegeben, einige Teile des Gesprächs erfunden zu haben. Diesmal sieht es anders aus: Die Chefredaktion der Repubblica teilte "Spiegel Online" mit, dass die Äußerungen des Papstes sehr wohl gefallen seien. Allerdings habe der 90-jährige Scalfari das Gespräch weder aufgezeichnet, noch sich Notizen gemacht. Dies habe man bei dem früheren Gespräch genauso gehalten und es sei seit Jahrzehnten die Praxis von Scalfari. Diesmal fand die Unterredung fand am Donnerstag in Santa Marta statt, wo der Papst wohnt.

Lombardi: Papst sprach nicht von pädophilen Kardinälen

In dem Beitrag geht es um die Krise der Familie, um Pädophilie, Barmherzigkeit, den Zölibat und das Verhältnis der Kirche zur Mafia. Vatikansprecher Federico Lombardi betonte nach der Veröffentlichung, dass es sich nicht um ein Interview im eigentlichen Sinne handele. Die "Zitate" könnten nicht als authentisch gelten, da sie nicht autorisiert worden seien. Dies gelte insbesondere für die Aussagen zum Thema Zölibat und Fällen von Pädophilie unter Kardinälen, die eine tendenziöse Berichterstattung erkennen ließen, so der Vatikansprecher.

Laut "Radio Vatikan" zeigt sich der Papst im Interview erschüttert, dass die meisten Fälle von Pädophilie im familiären und verwandtschaftlichen Rahmen geschehen. Zu Missbrauch in der Kirche soll der Papst laut "Repubblica" gesagt haben, nach seiner Kenntnis seien im Klerus etwa zwei Prozent pädophil veranlagt, darunter auch Bischöfe und Kardinäle. Lombardi hingegen erklärte, Franziskus habe nicht von Kardinälen gesprochen, die sich des Missbrauchs schuldig gemacht hätten.

Papst Franziskus.
Bild: ©picture alliance / dpa/Fabio Frustaci / Eidon

Papst Franziskus.

Problemlösung für den Zölibat?

Laut dem Artikel gesteht Franziskus, dass er als Argentinier nicht nachvollziehen könne, wie die Mafia funktioniere. Scalfari schreibt, dass er dem Papst in dem Gespräch erklärt habe, dass die Mafia nach eigenen Regeln funktioniere, eine eigene Moral kenne und sogar einen Gott der Mafia habe. Franziskus erkläre, er selbst habe nicht vor, es bei einem einmaligen Appell zu belassen, sondern werde die Probleme Pädophilie und Mafia beständig anprangern: Dies seien, so gibt Scalfari den Papst wieder, zwei der wichtigsten Fragen für die Kirche.

Am Ende des Gesprächs fragt Scalfari, wann der Zölibat in der katholischen Kirche angegangen werde. Franziskus habe geantwortet, dass das Problem kein großes Ausmaß habe. Es brauche Zeit, aber es gebe Lösungen, und er werde sie finden. Lombardi entgegnete, der Papst habe nicht gesagt, Probleme um den Zölibat bräuchten Zeit und er werde eine Lösung finden.

Hagenkord: Papst zeigt Menschenvertrauen

Der Vatikansprecher weist in seiner Stellungnahme auf journalistische Merkwürdigkeiten in dem Repubblica-Interview hin: Durch Anführungszeichen mache Scalfari Aussagen des Papstes als direkte Zitate kenntlich, obwohl er keine Aufzeichnungen gemacht habe. Bei einigen Zitaten würden zwar die Anführungszeichen zu Beginn gesetzt, dann aber nicht zum Abschluss. Das lasse die Frage aufkommen, ob es sich nicht um bewusste Lesermanipulation handle. Ob es sich dabei um verletzte Sorgfaltspflicht handelt oder um Absicht, bleibt vorerst unklar.

Bernd Hagenkord, Jesuit und Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, hält der Repubblica zugute, dass sie Lombardis Antwort in voller Länge auf die Internetseite gesetzt habe. Er habe sich gefragt, warum Franziskus noch einmal so einem Gespräch mit dem Kirchenkritiker Scalfari zugestimmt habe. Letztlich spreche es für den Papst, dass er den Menschen vertraue, auch nachdem es einmal schief gegangen sei, so Hagenkord in seinem Blog. Den aus amerikanischen Popsongs von Pink, LeAnn Rimes oder George Strait bekannten Satz "You fool me once, shame on you, you fool me twice, shame on me" (in etwa: "Legst du mich einmal rein, solltest du dich schämen. Legst du mich nochmal rein, sollte ich mich schämen") bezeichnet er als zynisch. "Mir gefällt da das Menschenvertrauen des Papstes schon eher," schreibt Hagenkord.

Von Agathe Lukassek