Konservativer mit Hang zur Polemik: Wolfgang Ockenfels wird 75
Er redet Tacheles mit "windelweichen" Bischöfen, Theologen und Laienkatholiken. Er kritisierte eine inhaltliche Auflösung der CDU in den Jahren unter Angela Merkel und reklamiert Notwehr gegen den Islam. Der CDU wirft er eine Abkehr vom konservativ-christlichen Erbe und den Grundsätzen der Kirche vor. Und er hält die AfD für Christen durchaus für wählbar.
Wolfgang Ockenfels, Dominikanerpater und von 1985 bis 2015 Professor für Christliche Sozialwissenschaft an der Theologischen Fakultät Trier, kämpft für stramm konservative Positionen – und schlägt eine Brücke ins rechte politische Spektrum und zu dessen Publikationen. Am 25. Januar wird der in Bad Honnef bei Bonn geborene Theologe und Sozialethiker 75 Jahre alt.
Der Ordensmann schreckte noch nie vor deftigen Formulierungen und der Abkanzelung seiner Gegner zurück. Als 2011 rund 300 liberale Theologen für eine größere Rolle von Frauen und Laien in der Kirche warben, kritisierte er dies als "grotesken Aufstand theologischer Zwerge, die sich als Koryphäen aufspielen". Seit 2013 aber, vor allem aber seit der Flüchtlingskrise 2015, beobachtet der Politikwissenschaftler Andreas Püttmann einen inhaltlichen Rechtsruck bei dem Dominikaner.
Vorgänger ähnlich streitbar
Ockenfels leitet als Nachfolger des ähnlich streitbaren Paters Basilius Streithofen seit 2007 das Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg. Die vom einstigen Dominikanerkloster Walberberg bei Bonn gegründete Einrichtung setzt sich dafür ein, Prinzipien der katholischen Soziallehre in der Politik Geltung zu verschaffen. Zudem ist Ockenfels, der dem Konvent Heilig Kreuz der Dominikaner in Köln angehört, seit 1992 Chefredakteur der Zeitschrift "Die Neue Ordnung".
Seit 2000 ist er Kuratoriumsmitglied im Forum Deutscher Katholiken, das sich als Zusammenschluss papsttreuer Katholiken in Konkurrenz zum Zentralkomitee der deutschen Katholiken sieht. Er schreibt auch für die rechtsgerichtete Zeitung "Junge Freiheit" sowie das rechtskonservative private Nachrichtenportal kath.net.
"Verweltlichung und Politisierung unserer Glaubensrepräsentanten"
Ockenfels' Analysen lassen wenig Gutes an der modernen Gesellschaft und der liberalen Demokratie: Er warnt vor "zeitgeistlichem Appeasement". Und er sieht einen "massenhaften Glaubensabfall in den westlichen Ländern". Als Grund nennt er die "Verweltlichung und Politisierung unserer Glaubensrepräsentanten". Aus der Erlösungsbotschaft Jesu sei "ein moralisierendes und utopisches Programm geworden".
Ockenfels war Mitbegründer des Arbeitskreises Engagierter Katholiken in der Union. Doch spätestens seit 2015 ging er auf Distanz zur damaligen Merkel-CDU. "Wer seit fünfzig Jahren grundsatztreu der CDU angehört, die damals ähnliche Wertpositionen vertrat wie heute die AfD, gerät in den Verdacht, senil oder sentimental zu sein, wenn er nicht langsam über einen Austritt nachdenkt", schrieb er.
Eine Offenheit zur AfD ist unverkennbar. Nach gründlicher Lektüre des AfD-Programms sei es seiner Meinung nach "nicht unchristlich, dieser Partei anzugehören oder sie zu wählen", betont Ockenfels. Seit 2018 ist der Ordensmann Mitglied im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. "Ich praktiziere jene Dialogbereitschaft, die andere nur proklamieren", verteidigt er sich. Er führe "lediglich Gespräche mit einer Partei und ihrer Stiftung, die das programmatische Defizit der CDU zu kompensieren versucht". Der damalige Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, bezeichnete die Mitarbeit des Ordensmannes in der Stiftung als "skandalös".
Kommt unter Merz wieder mehr Nähe zur CDU?
Ins Blickfeld ist auch die von Ockenfeld geleitete Zeitschrift "Die neue Ordnung" geraten: Die Arbeitsgemeinschaft Christliche Sozialethik rief 2019 Wissenschaftler öffentlich dazu auf, dort nicht mehr zu publizieren. Das Magazin sei in "populistischem und extrem rechten Fahrwasser", erklärte ihr Sprecher Bernhard Emunds, Professor am Oswald-von-Nell-Breuning Institut in Frankfurt.
Möglich, dass Ockenfels versuchen wird, sich einer von Friedrich Merz geführten CDU inhaltlich wieder anzunähern. Aber die Distanz ist derzeit ziemlich groß.