Deutliche Kritik des Katholisch-Theologischen Fakultätentags

Theologen sehen sich "systemischer Ignoranz" der Kirche ausgesetzt

Veröffentlicht am 28.01.2022 um 13:55 Uhr – Lesedauer: 

Tübingen ‐ Die Forschungsergebnisse der wissenschaftlichen Theologie würden vom kirchlichen Lehramt nicht berücksichtigt, beklagt der Katholisch-Theologische Fakultätentag. Eine Folge des Missbrauchsskandals sei, dass "uns die Studierenden davonlaufen".

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Die Vorsitzende des Katholisch-Theologischen Fakultätentages (KThF), Johanna Rahner, sieht eine "systemische Ignoranz" ihrer Kirche bei der Aufarbeitung des Skandals um sexuellen Missbrauch. Bei der Online-Jahresversammlung stellte Rahner die Frage, ob sich die wissenschaftliche Theologie damit abfinden wolle, dass ihre Forschungsergebnisse vom kirchlichen Lehramt nicht berücksichtigt würden.

Die Tübinger Theologieprofessorin sprach mit Blick auf das vor einer Woche veröffentlichte Münchner Missbrauchsgutachten von einem "weiteren Ansehens- und Vertrauensverlust" der katholischen Kirche. Eine Folge davon sei, dass "uns die Studierenden davonlaufen". Beim "moralischen Debakel" des Missbrauchs gehe es auch um die Frage der Perspektive wissenschaftlicher Theologie.

Fast einstimmig beschloss die Professorenschaft die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die sich in die Vorbereitung der Weltbischofssynode einbringen soll. Rahner berichtete von einer informellen Einladung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zur Mitwirkung. Papst Franziskus hat zur Vorbereitung der für 2023 geplanten Bischofssynode einen weltweiten synodalen Prozess in Gang gesetzt. In mehreren Stufen von den Diözesen über die Kontinente bis zur Bischofssynode selbst sollen die Gläubigen und ihre Bischöfe über die Zukunft der Kirche beraten.

Unterstützung für "#OutInChurch"

Die Theologen befassten sich bei ihrer Tagung ferner mit zwei Papieren. In einem fordern die Wissenschaftler schnelle und konkrete Konsequenzen aus dem Münchner Missbrauchsgutachten. In dem anderen unterstützen sie die Initiative "#OutInChurch", bei der sich mehr als 100 Menschen zu ihrer sexuellen Orientierung äußern – etwa als lesbisch, bisexuell, schwul, transident oder nicht-binär.

Der Studienteil der Tagung befasste sich mit "Medien – Theologie und Kirche". Es ging um die Frage, ob und wie wissenschaftliche Theologie öffentlich mehr wahrgenommen werden kann. Dabei wurden "tiefe Gräben" zwischen Medienschaffenden und Professorenschaft deutlich, wie es Teilnehmer formulierten. Unklar blieb in der Debatte, ob sich die Gräben zuschütten lassen. Die zweitägige Veranstaltung endete am Freitag. (tmg/KNA)