Malteser erleichtert: Souveränität anscheinend nicht mehr in Gefahr
Der Heilige Stuhl beabsichtigt nicht, die Souveränität des Malteserordens im Rahmen der Verfassungsreform des Ordens zu beschneiden. In einem Brief, den der Orden am Wochenende veröffentlicht hat, zeigte sich Malteser-Großkanzler Albrecht von Boeselager optimistisch über den Gang der Verhandlungen zwischen dem Orden und dem Heiligen Stuhl über eine neue Verfassung. "Ich bin zuversichtlich, dass wir jetzt auf dem richtigen Weg sind, um das Ziel der Stärkung unserer Institution durch eine Verfassungscharta und einen Kodex zu erreichen, die unsere Geschichte, unsere Traditionen und unsere Besonderheiten widerspiegeln, die für die Erfüllung unseres Auftrags von grundlegender Bedeutung sind", so der Großkanzler.
Ein Entwurf einer neuen Ordensverfassung, der verschiedenen Medien vorlag, hatte mit der Formulierung, dass der souveräne Orden dem Heiligen Stuhl untergeordnet sei, für Befürchtungen gesorgt, dass die historisch gewachsene völkerrechtliche Souveränität in Gefahr sein könnte. Boeselager sprach nun in seinem Brief von "Missverständnissen" zwischen dem Sondergesandten des Papstes, Kardinal Silvano Tomasi, der für den Entwurf verantwortlich zeichnete, und den Vertretern des Ordens. Diese Missverständnisse seien nun auf einem guten Weg, ausgeräumt zu werden. "Insbesondere haben wir zufriedenstellende Zusicherungen erhalten, dass nicht beabsichtigt ist, die Souveränität und das Selbstverwaltungsrecht des Malteserordens in irgendeiner Weise zu verletzen, und infolgedessen wurden einige Artikel des vorgeschlagenen Verfassungsentwurfs entsprechend geändert", so Boeselager weiter. Das nächste Treffen der Arbeitsgruppe sei für die letzte Februarwoche angesetzt.
Reformprozess von Konflikten geprägt
Im Vorfeld des Treffens hatte Boeselager sich aus Protest gegen das Vorgehen des Vatikans von der Leitung der Verfassungsreformkommission seines Ordens zurückgezogen und stattdessen den Vorsitzenden der libanesischen Malteser, Marwan Sehnaoui, mit den Verhandlungen mit Tomasi betraut. Medienberichten zufolge hat Sehnaoui nicht an den Verhandlungen in Rom teilnehmen dürfen, stattdessen habe Tomasi den Vorsitzenden der italienischen Malteser hinzugezogen.
Tomasi wurde Ende 2020 von Papst Franziskus zum Sonderbeauftragten für den Souveränen Malteserorden ernannt. Der Kardinal wurde im vergangenen Oktober mit zusätzlichen Befugnissen ausgestattet. Der langjährige Vatikan-Diplomat dürfe im Namen des Papstes "notfalls auch in Abweichung von der geltenden Verfassungscharta und dem Ordenskodex" Konflikte lösen, hatte Franziskus damals entschieden. Außerdem soll Tomasi über eine neue Verfassung und einen neuen Kodex entscheiden und die Gremien des Ordens im Einklang mit den neuen Rechtstexten reformieren.
Der Malteserorden geriet in den Jahren 2016 und 2017 in eine Verfassungskrise, nachdem der damals amtierende Großkanzler Albrecht Freiherr von Boeselager zeitweise abgesetzt wurde. Hintergrund waren Vorwürfe, dass im Zuge von Hilfseinsätzen auch Kondome verteilt wurden. Boeselager wurde 2017 von Papst Franziskus rehabilitiert, der Orden aber durch die Benennung zunächst von Erzbischof Giovanni Angelo Becciu und später Tomasi faktisch unter die Aufsicht des Vatikan im Zuge eines Verfassungsreformprozesses gestellt.
Der 1099 gegründete Ritterorden genießt den Status eines souveränen Völkerrechtssubjekts. Neben dem Heiligen Stuhl und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz ist der Orden das einzige originäre nichtstaatliche Vökerrechtssubjekt. Auf Grundlage seiner völkerrechtlichen Anerkennung unterhält er diplomatische Beziehungen zu 112 Staaten, darunter Deutschland. (fxn)