Spanische Bischöfe lehnen unabhängige Kommission bisher ab

Spaniens Parlament stimmt für Untersuchung von Missbrauch in Kirche

Veröffentlicht am 02.02.2022 um 12:55 Uhr – Lesedauer: 

Madrid/Frankfurt ‐ Während es in Deutschland, Frankreich und weiteren Ländern unabhängige Studien zu kirchlichem Missbrauch gab, sträuben sich die spanischen Bischöfe gegen ein solches Gutachten. Nun hat das Parlament Spaniens beschlossen, eine Kommission einzusetzen.

  • Teilen:

Spanien macht den Weg frei für die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Ein entsprechender Antrag der drei linken Parteien Podemos, ERC und EH Bildu wurde am Dienstag mit breiter Mehrheit angenommen, wie Medien berichten. Lediglich die konservative PP und die rechtspopulistische Vox-Partei stimmten dagegen.

Hintergrund der Initiative ist die Aussage der Spanischen Bischofskonferenz, anders als in Deutschland, Frankreich und anderen EU-Ländern keine unabhängige Kommission mit der Untersuchung betrauen zu wollen.

Parallel forderte die Generalstaatsanwaltschaft aus ganz Spanien die Unterlagen aller laufenden Missbrauchsverfahren im kirchlichen Milieu an, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Mittwoch) berichtet. "Die Opfer brauchen und verdienen eine unabhängige Untersuchungskommission, die auch zu einer Wiedergutmachung führt. Das ist nicht unmöglich. Andere Länder tun das bereits", sagte die baskische Kriminologin Gema Varona der Zeitung. Die Kirche dürfe nicht selbst Beklagte und Richterin zugleich sein.

Der fehlende Aufklärungswille der Kirche und das geringe Interesse öffentlicher Institutionen habe es vielen Opfern schwer gemacht, den ersten Schritt zu tun und von ihren Leiden zu erzählen, erklärte Varona. Nach ihrer Einschätzung dürfte jedoch deren Zahl in Spanien nicht niedriger sein als in anderen Ländern, wo bereits abgeschlossene Studien auf eine noch höhere Dunkelziffer verwiesen.

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Anders als in Deutschland und anderen Ländern, hat die Spanische Bischofskonferenz bisher ein unabhängiges Missbrauchsgutachten abgelehnt. 2018 wurde die sogenannte MHG-Studie vorgestellt, die die Deutsche Bischofskonferenz in Auftrag gegeben hatte.

Spaniens Bischöfe hatten sich im November gegen eine allgemeine und statistische Studie zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche ausgesprochen. Man sei nicht dazu bereit und in der Lage, "statistische Analysen" anzufertigen, sagte der Generalsekretär der Spanischen Bischofskonferenz, Weihbischof Luis Argüello, damals. Stattdessen solle jeder Fall einzeln untersucht werden: "Wir haben uns dafür entschieden, uns von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten", so Argüello.

Betroffenenorganisationen kritisierten den Generalsekretär für seine Aussage bezüglich der Anzahl von Missbrauchsfällen. Diese seien aufgrund der herausgehobenen Stellung kirchlicher Schulen und Heime während der Franco-Diktatur (1936/39-1977) wahrscheinlich sogar höher als im Nachbarland Frankreich, für das die im Oktober veröffentlichte Missbrauchsstudie eine Zahl von 216.000 minderjährigen Betroffenen seit 1950 angegeben hat.

Die Diskussion war von der spanischen Zeitung "El Pais" angestoßen worden. Sie übergab Papst Franziskus die Ergebnisse einer mehrjährigen Recherche, demzufolge es in Spanien in den vergangenen 30 Jahren mindestens 945 Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche gegeben habe. Der Papst forderte die spanischen Bischöfe zur Aufklärung auf. (rom/KNA)