Nach "#OutInChurch" und Synodalversammlung

Weitere Bistümer gegen Disziplinarmaßnahmen wegen Lebensführung

Veröffentlicht am 14.02.2022 um 12:55 Uhr – Lesedauer: 

Essen/Osnabrück ‐ Nach der Aktion "#OutInChurch" haben mit Essen und Osnabrück am Montag zwei weitere Bistümer erklärt, keine Disziplinarmaßnahmen gegen kirchliche Mitarbeiter wegen ihrer Lebensführung ergreifen zu wollen.

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Nach der Selbstverpflichtungserklärung des Würzburger Bischofs Franz Jung in der vergangenen Woche haben am Montag mit Essen und Osnabrück zwei weitere Bistümer erklärt, keine arbeits- oder disziplinarrechtlichen Maßnahmen gegen kirchliche Mitarbeiter aufgrund ihrer persönlichen Lebensführung zu ergreifen. In einem Brief an rund 3.800 Kirchenbeschäftigte und Religionslehrerinnen und -lehrer erklärten Essens Bischof Franz-Josef Overbeck und sein Generalvikar Klaus Pfeffer, dass im Ruhrbistum kein Beschäftigter wegen seines Beziehungslebens oder seiner sexuellen Orientierung berufliche Schwierigkeiten bekommen werde.

"Die sexuelle Orientierung, das Eingehen einer zivilen gleichgeschlechtlichen Ehe oder einer zivilen Wiederheirat bei bestehender kirchenrechtlich gültig geschlossener Erstehe darf keine arbeitsrechtliche Sanktion nach sich ziehen", schrieben Overbeck und Pfeffer und bezogen dies auf "alle Gruppen von kirchlichen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern, auch für die nicht geweihten pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie diejenigen, die mit einer 'missio canonica' oder einer besonderen bischöflichen Beauftragung ihren Dienst wahrnehmen".

Essener Bistumsspitze will "Kultur der Angst" überwinden

Konkret sicherten der Bischof und sein Generalvikar den Beschäftigten zu, dass das Bistum auf die Anwendung der Grundordnung im kirchlichen Arbeitsrecht verzichte, wo diese in Beziehungen jenseits einer katholischen Ehe einen Loyalitätsverstoß beschreibe. Dies gelte "sowohl im laufenden Arbeitsverhältnis als auch bei Einstellungen". Zudem empfahlen die beiden Kirchenmänner auch allen anderen Trägern katholischer Einrichtungen und Organisationen im Bistum Essen, sich dieser Praxis anzuschließen.

Overbeck und Pferrer erklärten weiter, man wolle eine "Kultur der Angst" überwinden, die man unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutlich wahrgenommen habe: "Wir wissen von vielen Leidenserfahrungen von Mitarbeitenden, wenn sie in ihrem privaten Leben die Ansprüche der kirchlichen Sexual- und Beziehungsmoral nicht erfüllen konnten oder wollten." Mitarbeitende seien dadurch teilweise zu unwürdigen Lebensweisen gezwungen gewesen. "Unsere Kirche hat hier menschliches Leid verursacht und Schuld auf sich geladen", so Overbeck und Pfeffer. "Wir bedauern dies ausdrücklich im Blick auf unser Bistum Essen."

Auch Osnabrück gibt Selbstverpflichtungserklärung ab

Für das Bistum Osnabrück gaben Generalvikar Ulrich Beckwermert und Diözesan-Caritasdirektor Johannes Buß eine Selbstverpflichtungserklärung ab. Darin erklärten auch sie, dass kirchliche Mitarbeiter im Bistum Osnabrück aufgrund ihrer persönlichen Lebensführung hinsichtlich Partnerschaften, der sexuellen Orientierung oder der geschlechtlichen Identität keine arbeits- oder disziplinarrechtlichen Maßnahmen befürchten müssten. Diese Selbstverpflichtungserklärung gelte bis zur Änderung der entsprechenden Artikel in der Grundordnung des kirchlichen Arbeitsrechts für die Mitarbeiter der Diözese Osnabrück, der Kirchengemeinden, des Diözesancaritasverbandes und seiner Gesellschaften und ziele darauf, den Mitarbeitern ab sofort entsprechende Sicherheit zu geben. Beckwermert und Buß baten zudem "alle sonstigen kirchlichen Rechtsträger im Geltungsbereich der Grundordnung im Bistum Osnabrück", entsprechend zu verfahren.

Hintergrund der Erklärungen ist die Aktion "#OutInChurch", bei der Ende Januar mehr als 120 Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen der katholischen Kirche in Deutschland einen neuen Umgang der Kirche mit queeren Menschen und eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts geforderten hatten. Ein Leben entsprechend der eigenen sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität dürfe nicht mehr zu einer Kündigung führen, so die Protagonisten der Aktion. Die Synodalversammlung des Synodalen Wegs hatte Anfang Februar ähnliche Forderungen erhoben. In einem Handlungstext plädierte die Versammlung unter anderem dafür, zivile Eheschließungen von gleichgeschlechtlichen Paaren oder von Geschiedenen nicht mehr als Kündigungsgrund für kirchliche Angestellte anzusehen. Der persönliche Familienstand solle ohne Relevanz für eine Anstellung im kirchlichen Dienst sein. (stz)