Bischof Overbeck: Benedikt lebt noch in anderer Zeit
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck betrachtet die Erklärungen des früheren Papstes Benedikt XVI. zum Münchner Missbrauchsgutachten mit gemischten Gefühlen. Benedikt habe wichtige Schritte für die Aufklärung von Missbrauch in der Kirche unternommen, sagte Overbeck der "Rheinischen Post" (online) am Freitag in Düsseldorf. "Gleichzeitig scheint mir, dass er noch in einer Zeit lebt, die von anderen Gewissheiten und Selbstverständlichkeiten geprägt war als jene, in der wir als Kirche in Deutschland heute leben."
Es sei wichtig, dass Benedikt sein früheres Handeln transparent erkläre, sagte der Essener Bischof und führte weiter aus: "Heute ist unzweifelhaft klar: Die Perspektive der Betroffenen muss im Mittelpunkt stehen. Von ihnen aus muss die ganze Wirklichkeit beschrieben werden. Nur auf Grundlage dieser Einsicht können wir wirklich erkennen, wo wir Fehler gemacht haben und unserer Verantwortung nicht gerecht geworden sind."
Overbeckt wünscht Papst und Woelki "gute Entscheidungen"
Gutachter hatten im Januar eine Aufarbeitungsuntersuchung für das Erzbistum München und Freising vorgestellt. Dabei geht es auch um die Frage, wie hohe Würdenträger Missbrauchsfälle durch Priester handhabten. Die Gutachter werfen Benedikt, der von 1977 bis 1982 Münchner Erzbischof war, hier Fehler vor. Der ehemalige Papst erklärte sich in einer ausführlichen Stellungnahme sowie später in einem persönlichen Schreiben. In diesem räumte er eine Mitschuld der kirchlichen Verantwortlichen ein, äußerte "tiefe Scham" und bat Betroffene um Entschuldigung. Zugleich wehrte er sich gegen den Vorwurf, er habe Missbrauchsfälle vertuscht. Bereits kurz nach der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens hatte Overbeck gefordert, der emeritierte Papst müsse sich zu den Ergebnissen des Gutachtens "verhalten". Es müsse Verantwortung übernommen werden, und "die ist immer personal", sagte der Essener Bischof.
Overbeck kommentierte im aktuellen Interview auch die geplante Rückkehr des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki aus seiner geistlichen Auszeit. "Ich wünsche Kardinal Woelki und dem Papst gute Entscheidungen, die vor allem dem Wohl des Volkes Gottes der Kirche von Köln dienen", sagte der Ruhrbischof.
Im Erzbistum Köln hat vor allem die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen zu einer Vertrauenskrise geführt. Papst Franziskus erklärte nach einer Untersuchung, Woelki habe in diesem Zusammenhang "große Fehler" vor allem in der Kommunikation gemacht, aber keine Verbrechen vertuschen wollen. Seit Oktober befindet sich der Erzbischof in einer Auszeit, die am 2. März endet. (cbr/KNA)