Der Ukraine-Krieg als Zeitenwende: Was können die Kirchen tun?
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Die Ukraine-Invasion hat auch in Deutschland erdrutschartige Veränderungen ausgelöst. Seit ein paar Tagen geht, was früher unmöglich war: indirekte und direkte Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet, dazu ein kostspieliger Aufrüstungsplan. Vielleicht hat es das zynisch-blamable Helmangebot der Bundesregierung gebraucht, damit die Akzeptanz für diese neue Linie wachsen konnte, die jetzt schon "Zeitenwende" heisst.
Die kirchliche Symbolsprache dieser Tage war sehr gemischt. Der päpstliche Fiat in der Einfahrt zur russischen Botschaft beim Vatikan wirkte rührend. Man spürte päpstliche Demut, zugleich Hilflosigkeit, aber auch eine Beimischung der "Hoffnung gegen alle Hoffnung" des Evangeliums.
Aus Afrika kommen Gruppenfotos orthodoxer afrikanischer Priester, die sich in den letzten Wochen von ihrer traditionellen Zentrale, dem Patriarchat von "Alexandrien und Ganz Afrika"“ ab- und dem Moskauer Patriarchat zugewandt haben. Vordergründig geht es da um Häresie, hintergründig um Geld und auch – auf sehr verschlungene Weise – um den ukrainischen Weg Richtung Westen.
An den Hintergründen dieser Geschichte kann man ablesen, dass eine kirchliche Vermittlung in diesem Konflikt kaum möglich ist. Über mehr als hundert Jahre haben zu viele Kirchenmänner – auch Päpste und Patriarchen – an dieser Geschichte mitgestrickt, als dass da heute noch einer als unbelasteter und allgemein akzeptierter Vermittler wirken könnte.
Verstörend, aber zugleich ernst und angemessen sind die Bilder aus dem Keller der Kathedrale des griechisch-katholischen Großerzbischofs von Kiew. Der Keller ist zum Luftschutzbunker umfunktioniert worden: man sieht einen Kirchenführer der den Menschen Schutz bietet.
Die Folgen der Zeitenwende müssen unsere Politiker gestalten, und sie verdienen in diesen Tagen eher Unterstützung und Beistand als besserwisserische Kritik. Der Luftschutzkeller von Kiew ist das sichtbare Zeichen für den Weg, den Papst Franziskus der Kirche schon vor Jahren vorgezeichnet hat: nicht so sehr als Lehrmeisterin für alles und jedes, sondern eher als ein Lazarett, dass inmitten großer Verwerfungen für alle Menschen da ist, die zwischen die Fronten geraten sind.
Der Autor
Jeremias Schröder OSB ist Abtpräses der Benediktinerkongregation von St. Ottilien.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.