In einer Diözese gebe es keinerlei Kontrolle

WDR: Deutsche Bistümer kontrollieren Missbrauchstäter nur unzureichend

Veröffentlicht am 07.03.2022 um 09:40 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Wie kontrolliert die Kirche in Deutschland Missbrauchstäter in den eigenen Reihen? Eine Umfrage unter allen Bistümern zeigt nun: An verschiedenen Orten geschieht das nur unzureichend, manchmal überhaupt nicht.

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Laut einer Umfrage des WDR in allen 27 deutschen (Erz-)Bistümern werden Missbrauchstäter zum Teil nur unzureichend kontrolliert. Lediglich in Essen, Osnabrück, München und Dresden gebe es Personen außerhalb der Kirche, die übergriffige Priester kontrollierten, wenn diese etwa die Auflage hätten, eine Therapie zu machen und sich Kindern nicht mehr zu nähern.

In Essen übernehme das eine Art Bewährungshelfer, der Täter mehrmals wöchentlich besuche. An anderen Orten gebe es Kommissionen, die die Kontrolle der Täter überwachten. Sie bestünden aus Experten wie Juristen oder Psychologen. In einem Bistum, so der WDR, gebe es keinerlei Kontrolle: in Köln. Das Erzbistum Köln hatte kürzlich erklärt, eine "Kommission zur Kontrolle beschuldigter und straffällig gewordener Kleriker" arbeite daran, die Kontrolle zu verbessern.

In elf weiteren Bistümern, so der WDR weiter, werde lediglich ein Vorgesetzter informiert oder es fänden Gespräche mit Bistumsmitarbeitern statt. Diese hätten in der Regel aber keine spezielle Ausbildung dafür und seien auch nicht unabhängig von Kirchenstrukturen. Insgesamt, so der Sender, hätten 24 von 27 Bistümern die Fragen nach der Kontrolle von übergriffigen Priestern beantwortet. Das Bistum Fulda habe gar nicht reagiert, die Bistümer Passau und Paderborn hätten keine Angaben gemacht. In den Bistümern Berlin und Görlitz hätten die Pressestellen angegeben, dort würden derzeit keine Täter leben, die kontrolliert werden müssten.

Aus dem Klerikerstand entlassene Priester sind Problem

Das Bistum Würzburg erklärte, "die Kontrolle von Missbrauchstätern und der entsprechenden Auflagen wird aktuell mit der Einrichtung der Stelle eines/einer Interventionsbeauftragten und der Beauftragung regionaler Priesterreferenten aufgebaut". Priesterreferenten, Interventionsbeauftragte und die Hauptabteilung Personal "arbeiten bei der Kontrolle eng vernetzt zusammen". Problematisch sei der Umgang mit Missbrauchstätern, die aus dem Klerikerstand entlassen wurden. Auf diese Täter hätten die Bistümer keinerlei Zugriff mehr.

Im kürzlich zu Ende gegangenen Prozess gegen einen Priester aus Köln war herausgekommen, dass es zu weiteren Taten gekommen war, auch nachdem das Erzbistum Köln schon vom Verdacht des Missbrauchs wusste. Kirchenrechtler Bernhard Anuth sagte dem WDR, dass man hier sehen könne, dass eine bessere Kontrolle vielleicht weitere Opfer hätte verhindern können: "Viele Bischöfe sind sich noch nicht der Verantwortung bewusst, die sie in der Opferfürsorge tragen." Priester U. war in der vorvergangenen Woche vom Landgericht Köln wegen 110-fachen sexuellen Missbrauchs zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Die Verteidigung legte inzwischen Revision ein.

Zwei Nebenklägerinnen im Prozess, die Nichten des Priesters, Anke S. und Angelika V., sprachen gegenüber dem WDR von "absolutem Unverständnis". Man habe spätestens seit 2010 in der Kirche gewusst, dass es Verdachtsfälle gebe. – Verpflichtet sind die Kirchen zu einer Kontrolle als Arbeitgeber. Denn Priester bleiben auch bei einer Beurlaubung oder im Ruhestand noch Angestellte der Kirche. (tmg/KNA)

7.3., 11:50 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme aus Würzburg. 14:15 Uhr: Meldung nach Aktualisierung des WDR-Berichts überarbeitet.