ZdK-Präsidentin vor Preisverleihung: "Betroffene zählen – nicht die Kirche"
Vor der Verleihung des Herbert-Haag-Preises 2022 würdigt die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, dessen Fokus auf Betroffene von Missbrauch. Die Preisverleihung habe einen "traurigen, einen wütend machenden Anlass", sagte Stetter-Karp am Samstag in Bonn. Gerade deshalb aber sei sie "ein wichtiges Zeichen" dafür, dass die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der Kirche weitergehen müsse.
Am Sonntag erhalten acht Personen den Herbert-Haag-Preis 2022 für Freiheit in der Kirche von der gleichnamigen Stiftung. Alle acht sind Betroffene von Machtmissbrauch und sexueller Gewalt in der Kirche. Zwei von ihnen gehören dem ZdK an.
Die Preisträgerinnen und Preisträger erhielten "die Wertschätzung und Achtung, die ihnen gebührt – vor allem für ihr jahrelanges Engagement im Bereich der Aufklärung und Prävention", sagte Stetter-Karp. Es sei wichtig, "gegen die Erfahrung von sexueller Gewalt und Machtmissbrauch anzuschreiben, die eigene Stimme zu erheben".
Stetter-Karp: Perspektivwechsel Voraussetzung für Veränderung
Noch immer seien nicht alle Opfer bekannt, "noch immer sind Täter in der Anonymität verschwunden", kritisierte die ZdK-Präsidentin. "Und noch immer hat die Kirche es nicht geschafft, mit ihren Unabhängigen Kommissionen in den Diözesen für völlige Aufklärung zu sorgen." Die Preisverleihung sei deshalb eine Mahnung: "Betroffene zählen – nicht die Kirche." Noch immer machten sich zu viele vor allem Sorgen um das Image der Institution. "Dabei geht es um Menschen und ihre Schicksale. Die Perspektive zu wechseln ist Voraussetzung dafür, dass sich Grundlegendes verändert."
Mit je 10.000 Franken bzw. Euro zeichnet die Stiftung für Freiheit in der Kirche aus: erstens Matthias Katsch, Begründer der deutschen Initiative "Eckiger Tisch", sowie aktuelle und ehemalige Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz Johanna Beck, Kai Christian Moritz und Johannes Norpoth; zweitens Jacques Nuoffer für die Westschweizer Opfervereinigung Sapec und Albin Reichmuth für die Deutschschweizer Interessengemeinschaft für Missbrauchsbetroffene im kirchlichen Umfeld; drittens die Theologin und Philosophin Doris Reisinger aus Frankfurt sowie viertens den Wiener Theologen Wolfgang Treitler. Die Stiftung wurde 1985 vom Schweizer Theologen Herbert Haag (1915-2001) gegründet. (KNA)