Generalvikar Pfeffer sieht katholische Kirche in existenzieller Krise
Der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, sieht die katholische Kirche momentan in einer existenziellen Krise. "Der Missbrauchsskandal hat aufgedeckt, dass es nicht um eine Vielzahl von Einzeltaten geht, wie es manche verharmlosend darstellen", sagte Pfeffer in einem Interview des Magazins "Evangelische Perspektiven" der braunschweigischen Landeskirche. Studien belegten vielmehr einen Zusammenhang mit systemischen Ursachen.
"Besondere Bedeutung hat unter anderem die Überhöhung des priesterlichen Amtes", sagte Pfeffer. In Verbindung mit weiteren Faktoren wie einer rigiden Sexualmoral und einer fehlenden Kontrolle von Macht berge dies große Gefahren. "Mich erschüttert, wenn Betroffene davon erzählen, wie Priester ihre Amtsautorität ausgenutzt haben", erläuterte der Generalvikar. "Weil sie in ihren Gemeinden als unantastbare Autorität gelten, hatten Kinder keine Chance, ihren Fängen zu entkommen – niemand glaubte ihnen." Eine Betroffene habe ihm geschildert, wie ein Priester seine Übergriffe sogar spiritualisiert habe.
Amtsverständnis auf Prüfstand stellen
Die katholische Kirche müsse ihr Amtsverständnis auf den Prüfstand stellen, forderte Pfeffer. "Untersuchungen lassen keinen Zweifel daran, dass die enge Begrenzung des Amtes auf ehelose Männer sowie die dogmatische Überhöhung klerikalen Machtmissbrauch begünstigt." So seien über viele Jahrzehnte Täter geschützt, Taten verharmlost und Opfer ignoriert worden.
"Für mich ist klar: Es braucht in der katholischen Kirche die Öffnung des Amtes für Frauen und Männer, für Verheiratete und Zölibatäre", unterstrich der Generalvikar. Das bedeute natürlich eine Veränderung der Tradition. Deswegen befinde sich die katholische Kirche gerade in einer Zerreißprobe. Den Befürwortern von Reformen stünden entschiedene Gegner gegenüber. (epd)