Kardinal Marx will katholische Lehre zu queeren Menschen verändern
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx will die Haltung der katholischen Kirche gegenüber queeren Menschen verändern und die kirchliche Lehre bei diesem Thema "weiterbringen". "LGBTI-Menschen sind Teil der Schöpfung und von Gott geliebt, und wir sind gefordert, uns gegen Diskriminierung zu stellen. Ich glaube: Gott sucht die Gemeinschaft mit ihnen, wie er sie mit allen Menschen will", sagte Marx in einem Interview mit dem Magazin "Stern" (Donnerstag). Für ihn sei es eher Sünde, andere aus der Kirche drängen zu wollen. Wer Homosexuellen mit der Hölle drohe, habe nichts verstanden.
"Homosexualität ist keine Sünde"
Der Münchner Erzbischof brachte in diesem Zusammenhang auch eine Änderung des Katechismus der katholischen Kirche ins Gespräch. Dieser sei nicht in Stein gemeißelt. Und weiter: "Man darf auch in Zweifel ziehen, was da drinsteht." Der Katechismus bewertet homosexuelle Handlungen bislang als "in sich nicht in Ordnung", zugleich betont er, dass Homosexuellen mit "Achtung, Mitleid und Takt" begegnet werden soll. In der Vergangenheit haben sich deutsche Bischöfe wiederholt für eine Neubewertung der Homosexualität durch die katholische Kirche ausgesprochen.
"Homosexualität ist keine Sünde", betonte Marx. Es entspreche einer christlichen Haltung, wenn zwei Menschen, egal welchen Geschlechts, in Freude und Trauer füreinander einstünden. "Ich spreche vom Primat der Liebe, gerade in der sexuellen Begegnung", so der Kardinal. Er kündigte auch an, in diesem Kontext als ersten Schritt das katholische Arbeitsrecht anzupassen: "Natürlich muss es noch verlässlich festgeschrieben werden, dass man nicht aufgrund sexueller Orientierung oder einer Wiederverheiratung entlassen werden darf. Es kann ja nicht sein, dass das vom Wohlwollen des amtierenden Bischofs oder Generalvikars abhängt."
Marx: Ich habe auch eine Sexualität
Auch sich selbst bezeichnete der Kardinal in dem Interview als "sexuellen Menschen". "Ich habe auch eine Sexualität, auch wenn ich in keiner Beziehung lebe", so Marx. Als junger Priesteranwärter habe es "durchaus auch den Reiz gegeben, das Liebesleben zu entdecken, aber das andere war für mich stärker". Auf die Frage, ob er sich in nie verliebt habe, sagt der Erzbischof: "Zumindest nicht so, dass ich gesagt hätte, für diesen Menschen werfe ich alles hin. Aber natürlich finde auch ich Personen attraktiv, es wäre unaufrichtig, das zu leugnen. Zölibat bedeutet nicht, ohne menschliche Beziehungen zu leben, man wäre dann sehr arm."
Mitte des Monats hatte Marx sich bei einem Gottesdienst zum 20-jährigen Bestehen von Queer-Gottesdiensten in München für die Diskriminierung Homosexueller durch die Kirche entschuldigt. Er sei erschüttert, dass die Diskriminierung immer noch andauere. Als Bischof wolle er dafür einstehen, "dass wir Schritt für Schritt zu einer inklusiven Kirche werden", fügte Marx hinzu. Dabei gelte es auch diejenigen mitzunehmen, denen das schwerfalle. (stz)