Vorsitzender von Italiens Bischofskonferenz Bassetti wird 80
Gualtiero Bassetti: Das war einer von drei Namen auf der Liste der italienischen Bischöfe für den Papst. Franziskus sollte 2017 entscheiden, wer neuer Chef ihrer Bischofskonferenz wird. Die Wahl fiel auf den damals 75-jährigen Erzbischof von Perugia. Als erster Bischof von dort seit 160 Jahren wurde Bassetti zum Kardinal erhoben – heute feiert er seinen 80-sten Geburtstag.
Schon früh orientierte sich Bassetti in Richtung Priestertum. Im toskanischen Marradi geboren, trat er mit 14 Jahren ins Seminar von Florenz ein; besuchte dort erst das Gymnasium und studierte dann Theologie und Philosophie. Mit 24 wurde er zum Priester geweiht, mit nur 37 Jahren selbst Rektor des florentinischen Seminars.
Ab 1992 arbeitete er als Generalvikar des Erzbistums Florenz, bevor er 1994 von Johannes Paul II. zum Bischof der kleinen toskanischen Diözese Massa Marittima-Piombino ernannt wurde. Gut vier Jahre später übernahm er das Bistum Arezzo-Cortona-Sansepolcro. Benedikt XVI. betraute ihn 2009 mit der Leitung des Erzbistums Perugia-Citta della Pieve. Im selben Jahr wurde Bassetti zum Vize-Chef der Bischofskonferenz gewählt.
Papst traut Alten zu, "noch Träume zu haben"
Seine Arbeit als Bischof widmet er vor allem sozialer Gerechtigkeit und fairen Arbeitsbedingungen. Er besuchte strauchelnde Betriebe, sprach mit Arbeitern und Gewerkschaften, setzte sich für bezahlbaren Wohnraum ein. Bildung und Arbeitsplätze für junge Menschen, die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie in Italien sind ihm große Anliegen.
Ein Einsatz, der dem damals neuen Papst offenbar gefiel. Bassetti wurde bei Franziskus' erster Ernennung von neuen Kardinälen als einziger Italiener nominiert. Seine Nähe zu Franziskus war es wohl auch, die ihn 2017 zum Vorsitzenden der rund 250 Mann starken Bischofskonferenz Italiens machte – in einem Alter, in dem andere Bischöfe an den Ruhestand denken. Er selbst bezeichnete seine Wahl als Zeichen dafür, "dass der Papst Alten zutraue, noch Träume zu haben".
Als Quasi-Sprecher der katholischen Kirche in Italien blieb Bassetti seiner Linie treu: prangerte die hohe Arbeitslosigkeit im Land an, machte auf den wirtschaftlich abgehängten Süden aufmerksam, auf die Ausbeutung von Mensch und Natur durch das organisierte Verbrechen, setzte sich für Migranten sowie Frieden und Miteinander im Mittelmeerraum ein.
Betroffene von Missbrauch dürften Bassettis Amtszeit hingegen nicht besonders rosig sehen. Auf eine unabhängige Studie zum Thema warten sie bislang vergebens. Zwar wurden 2019 neue Leitlinien zum Kinderschutz erlassen, Anlaufstellen für Betroffene eingerichtet, aber eine Untersuchung gilt bisher lediglich als nicht ausgeschlossen: "Es wäre weder für die verwundete Gemeinschaft noch für die Kirche ein guter Dienst, wenn wir übereilt handeln würden, nur um Zahlen zu nennen", erklärte Bassetti kürzlich.
"In der Hölle war noch kein Platz für dich!"
Der synodale Prozess in Italien hat derweil begonnen. Als Franziskus Anfang 2021, zum zweiten Mal nach 2015, die Kirche vor seiner Haustüre dazu aufforderte, zog Bassetti endlich mit. Das Kirchenoberhaupt verlange zu Recht "einen Schritt nach vorn", so seine Reaktion. Bedeutsam werde der Prozess vor allem angesichts der schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Lage, in die viele Menschen durch die Pandemie geraten seien, befanden Italiens Bischöfe.
Spurlos ging die Corona-Pandemie auch an Bassetti nicht vorbei. Gleich zweimal infizierte er sich mit dem Virus. Zehn Tage lag er im Herbst 2020 auf der Intensivstation. Später berichtete er von seiner Nahtoderfahrung. "In diesen Momenten, in denen die Kräfte einen verlassen und der Körper abzuschalten scheint, spürte ich deutlich das Ende meiner irdischen Existenz", so der Kardinal.
Doch er kam wieder auf die Beine; Franziskus kommentierte seine Genesung augenzwinkernd mit den Worten: "In der Hölle war noch kein Platz für dich!" Trotz Genesung möchte der bald 80-jährige Bassetti im Mai nicht noch einmal zur Wahl um den Vorsitz der Bischöfe antreten. Favoriten sind mittlerweile andere.