Frontalangriff auf Kasper
Im Februar hatte Papst Franziskus den deutschen Kardinal eingeladen, vor dem Kardinalskollegium über den Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene zu referieren. Kasper, emeritierter Präsident des Rates für die Einheit der Christen, erklärte im Anschluss mehrfach, der Papst wolle eine offene Debatte über dieses Thema. Das missfällt Burke: "Der Papst hat keine Halsentzündung. Der Papst ist nicht stumm. Er kann für sich selbst sprechen", zitiert die Zeitung den Präfekten des obersten Kirchengerichts, der Apostolischen Signatur.
Und Burke geht noch weiter. Laut der "Washington Post" sagte er, was immer Franziskus über einen barmherzigen Ansatz denke, auch als Papst könne er nicht die gegenwärtige Lehre ändern, weil er und alle Bischöfe "an die Wahrheit gebunden" seien. "Aber dass ich als Kardinal sagen könnte, was ich sage, seien die Worte des Papstes? Das ist unverschämt", gibt das Blatt Burke wieder.
Kasper: Kein Krieg zwischen Kardinälen
Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper hat unterdessen auf die Kritik an seiner Position reagiert. So sagte er in einem Interview der "Zeit" vom Mittwoch: "Das ist kein Krieg zwischen Kardinälen, sondern ein Austrag von Argumenten, welcher der Klärung dient." Papst Franziskus wolle eine dialogische Kirche. "Die kann auch eine streitende sein", sagte Kasper. Bei der Außerordentlichen Synode und dem für das kommende Jahr geplanten sogenannten Ordentlichen Generalversammlung gehe es jedoch nicht nur um die wiederverheirateten Geschiedenen, betonte der 81-Jährige.
Kasper selbst hatte dafür plädiert, Wiederverheiratete unter bestimmten Voraussetzungen zum Kommunionempfang zuzulassen; dies ist derzeit nach kirchlicher Lehre nicht möglich. Angesichts der Tatsache, dass viele Katholiken die Moral- und Sexuallehre der Kirche im Alltag nicht beachteten , stelle sich die grundsätzliche Frage, ob die Verkündigung verbessert werden müsse, so Kasper.
Gleichzeitig räumte der Kardinal ein, dass eine Vermittlung der kirchlichen Standpunkte in diesen Fragen schwierig sei: "Viele Gläubige wissen durchaus, was die Lehre der Kirche ist, aber halten sich nicht daran." Deutlich müsse werden, dass die Kirche den Menschen helfen wolle, ein gelingendes Leben zu führen. "Kirche kann nur Kirche sein für die Menschen, nicht gegen sie", sagte Kasper und fügte hinzu: "Das Evangelium ist kein Strafgesetzbuch."
Distanz zwischen Leben und Lehre
Unterstützung findet Kasper beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Deren familienpolitische Sprecherin Birgit Mock erwartet von der bevorstehenden Synode, dass die Kirche "ihre derzeitige Verkündigung zu Fragen der Ehe und zur Sexualität grundlegend neu bedenkt". Nur so könne die Distanz der gläubigen Katholiken zur Verkündigung der Kirche überwunden werden, erklärte Mock am Mittwoch in Bonn. Insbesondere erhoffe sie sich Aussagen zum vorehelichen Zusammenleben, zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, zur Bewertung von Homosexualität und zu künstlicher Empfängnisverhütung.
Die ZdK-Sprecherin erinnerte in diesem Zusammenhang an den vor kurzem bekannt gewordenen Brief des Bischofs von Antwerpen, Johan Bonny , der sich in Bezug auf die bevorstehende Synode zu den Themen Ehe und Sexualität geäußert hatte. "Ich stimme Bischof Bonny zu, dass die Synode in diesen Fragen dem Gewissen seinen rechtmäßigen Ort im Sprechen der Kirche zurückgeben sollte", so Mock.
In Bezug auf die Problematik der Gläubigen, die nach einer Scheidung eine zweite Zivilehe eingehen, erwartet Mock, dass ein Weg gefunden wird, "mit dem die Unauflöslichkeit der Ehe nicht in Frage gestellt wird, aber gleichzeitig zivil geschiedene Menschen, die in neuen Beziehungen leben und voll am Leben der Kirche teilnehmen wollen, einen Zugang zu den Sakramenten erhalten können". (mit Material von KNA)
Von Björn Odendahl