Im Glauben vereint: Katholische Jugendliche im weltweiten Umweltschutz
Allen Ottaro läuft eine halbe Stunde zu einer katholischen Pfarrei mit einem Bohrloch, um Wasser für sich und seine Familie zu holen – und muss dafür sogar bezahlen. Früher war das Wasser kostenlos, denn in Ottaros Schulzeit hat es in seinem Dorf in Kenia noch regelmäßig in Strömen geregnet. Schon lange ist die Realität dort aber eine andere: Trockenperioden und Wassermangel plagen das Land und seine Einwohner. Schuld ist der weltweite Klimawandel. Der wirkt sich vor allem auf Regionen aus, die kaum etwas zur Klimakrise beitragen.
Gegenüber Kenia trägt Deutschland -als siebtgrößter CO2-Verursacher weltweit- einen großen Teil zum Klimawandel bei. Deshalb machen sich katholische Jugendliche stark für das Klima, etwa im Rahmen der 72-Stunden-Aktion vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). So haben Jugendliche bereits Insektenhotels gebaut oder sich der nachhaltigen Mobilität auf dem Land gewidmet. Ihr Engagement reicht auch über Deutschland hinaus, zum Beispiel bei einer Aktionswoche deutscher und tschechischer Jugendlicher im vergangenen Jahr, bei der sich die Teilnehmer mit den Themen Müllvermeidung, Politik der Grünen in Tschechien und dem Einfluss der Fischerei-Industrie auf die Erde beschäftigt haben. Zudem arbeiteten sie auf einem Biobauernhof und besuchten eine Werkstatt zum Upcycling von Papier. Es gab auch einen Workshop von Jugendlichen aus Deutschland und Russland zum Umweltschutz sowie ein deutsch-polnisches Ökocamp.
Die Klimakrise beschäftigt aber nicht nur Jugendliche in Europa. So forderten die Studierenden der von Jesuiten betriebenen Creighton University im US-Bundesstaat Nebraska, keine Schulressourcen mehr in Unternehmen mit fossilen Brennstoffen fließen zu lassen. Gegen fossile Energieträger sprechen sich auch die Jugendlichen vom "Global Catholic Climate Movement" in Südkorea aus. Mit Friedens- und Lebensmessen, Pilgerreisen und Protestkundgebungen demonstrieren sie für die Schließung des Kohlekraftwerks in Samcheok, da dieses einen angrenzenden beliebten Strand, einen Kiefernwald und die Stadt gefährde, erklärte ein an den Demonstrationen beteiligter Priester.
Katholische Jugend in der Klimapolitik
Neben Aktionen vor Ort bringen sich die katholischen Klimaaktivisten auch in die politische Diskussion ein. Der BDKJ versteht sich auch als Lobbyverband und unterstützt Ziele wie Klimagerechtigkeit und die Begrenzung der weltweiten menschengemachten Klimaerhitzung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter. Dazu ist der BDKJ unter anderem in Kontakt mit dem Bundesumwelt- und Wirtschaftsministerium. "Wir haben eine Stellungnahme zum neuen Bundesklimaschutzgesetzt abgegeben und so die Interessen junger Menschen dort miteinfließen lassen", sagt BDKJ-Bundesvorsitzender Gregor Podschun.
Junge Menschen und ihre Forderungen an die Klimapolitik sind auch ein Anliegen der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB). Sie wollen über die Bundesebene hinaus aktiv sein, etwa auf den UN-Klimakonferenzen. Dort will die KLJB nicht nur die Stimme der jungen Menschen einbringen, sondern auch die Konferenzen "ein bisschen nahbarer für die Jugendlichen in Deutschland machen", sagt die Bundesvorsitzende Daniela Ordowski. Seit 2018 ist der Verband als Beobachterorganisation bei Klimagesprächen und den UN-Klimakonferenzen dabei.
Dabei setzt die KLJB auf Zusammenarbeit innerhalb der Kirche: "Wir versuchen immer, mit der Delegation des Vatikan im Gespräch zu bleiben, die dort auch Berater sind", sagt Ordowski. Die Kirche habe eine positive Sonderstellung: Sie sei kein Nationalstaat mit eigenen Interessen, sondern habe rein theoretisch die Möglichkeit, über Grenzen hinweg Menschen miteinander zu verbinden. "Wir würden uns als KLJB wünschen, dass die Kirche diese Möglichkeit stärker wahrnimmt. Dass sie zeigt: Wir müssen uns aus Solidarität heraus vor allem gegen die Klimakrise einsetzten." Auch Gregor Podschun sieht bei der Kirche hier noch Luft nach oben: "Die Kirche ist leider nach wie vor nur sehr wenig auf Klimaneutralität bedacht. Das muss sich dringend ändern."
Dabei spürt Podschun von höchster kirchlicher Stelle Rückenwind für das Engagement in Sachen Klimaschutz. In seiner Enzyklika "Laudato si" aus dem Jahr 2015 befasst sich Papst Franziskus mit der "Sorge für das gemeinsames Haus". Er fordert von der Politik stärker durchgreifende Entscheidungen und Maßnahmen zum Klimawandel und der weltweiten, sowie der generationenübergreifenden Gerechtigkeit. Für ihn sind die Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht zufriedenstellend. Franziskus stellt heraus, dass der Mensch durch die Schöpfungsgeschichte dazu beauftragt sei, für sich und die anderen Geschöpfe zu sorgen und nicht dazu, alles zu unterwerfen. Als Vorbild für ein Leben in Einklang von Menschen, Tieren und Natur führt er den Heiligen Franziskus an. An seinem Bespiel würde man gewahr werden, "bis zu welchem Punkt die Sorge um die Natur, die Gerechtigkeit gegenüber den Armen, das Engagement für die Gesellschaft und der innere Friede untrennbar miteinander verbunden sind", so Franziskus.
Die Enzyklika zieht nach wie vor ihre Kreise: Viele Menschen fühlen sich in ihrer Arbeit für den Klimaschutz bestärkt oder zur Eigeninitiative aufgerufen. So etwa Podschun: "Wir wollen den Klimawandel aus dem christlichen Verständnis heraus aufhalten". Da ist er nicht allein: Inspiriert durch "Laudato si" hat sich in den USA die Klimabewegung "Catholic Climate Convent" gebildet. Sie ist verbunden mit ähnlichen Projekten wie dem "Catholic Youth Network for Environmental Sustainability Africa" (CYNESA). Ziel des CYNESA ist es, katholische Jugendliche in ganz Afrika zu erreichen und sie zum Kampf gegen den Klimawandel zu motivieren. Das Netzwerk hat sich über ganz Afrika ausgebreitet und war ebenfalls bei den UN-Klimakonferenzen im vergangenen Jahr in Glasgow anwesend. "Unser Traum ist es, dass CYNESA überall dort ist, wo katholische Jugendliche sind", sagt dessen Gründer Ottaro. In Asien hat sich eine ähnliche Bewegung an den Protesten gegen das Kohlekraftwerk in Samcheok beteiligt.
Von globalen Klimaschutzverhandlungen und Protestaktionen bis zu Insektenhotels in der Gemeinde -Klimaschutz in der katholischen Jugend findet auf vielen verschieden Ebene statt und hat viele Gesichter. Das bindende Element ist der Glaube. So versteht auch Allen Ottaro den Klimaschutz als die Grundlage der Nächstenliebe und als Pflicht zur Gerechtigkeit, die aus dem Glauben entsteht. Während nun Kirche und Politik ihre Verantwortung und ihren Umgang in Sachen Klimaschutz noch überdenken, gehen Allen Ottaro, das CYNESA und andere Jugendliche weltweit in der "Sorge für das gemeinsames Haus" voran.