Kurienbehörden beraten mit Papst über Reform

Die Betroffenen sollen sprechen

Veröffentlicht am 11.11.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Teile der römischen Kurie.
Bild: © KNA
Vatikan

Vatikanstadt ‐ Nach sechs Konferenzrunden des Kardinalsrates für die Kurienreform ("K9-Rat") setzt sich Papst Franziskus jetzt auch mit den Betroffenen an einen Tisch. Bei einer Kabinettssitzung am 24. November, so hört man, will er mit den Leitern der Kurienbehörden das Reformprojekt beraten. Die Chefs der neun Kongregationen, drei Gerichtshöfe und zwölf Räte sollen ihre Meinung in den Diskussionsprozess einbringen, in dem es um den Zuschnitt und überhaupt um die Zukunft ihrer Behörden geht.

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Die Erkenntnisse sollen in die nächste Sitzung des K9-Rates einfließen, der Anfang Dezember erneut zusammentritt. Zwar ist bislang wenig über die Planungen zur Kurienreform nach außen gedrungen, die Papst Franziskus unmittelbar nach seiner Wahl als eines seiner wichtigen Reformprojekte eingeleitet hat.

Dennoch deutet vieles darauf hin, dass das künftige Organigramm der römischen Verwaltung schlanker sein dürfte als das bisherige. Etliche der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) neugegründeten Räte, die die Kirche auf den verschiedenen Feldern ihrer Öffnung zur Welt beraten, sollen zusammengelegt werden, heißt es.

Zusammenlegung von Kurienbehörden?

Antonio Kardinal Canizares Llovera, Ehemaliger Erzbischof von Toledo und ein Kurienkardinal der römisch-katholischen Kirche.
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Antonio Kardinal Canizares Llovera, Erzbischof von Valencia, war früher Erzbischof von Toledo und Kurienkardinal.

So könnte der bislang eigenständige Familienrat dem Laienrat als Unterabteilung angeschlossen werden. Der Rat für Gerechtigkeit und Frieden, das sogenannte vatikanische "Sozialministerium", soll mit der Caritas-Behörde "Cor unum" zusammengelegt werden. Weiteren Überlegungen zufolge soll der Rat für die Neuevangelisierung der Missionskongregation angegliedert werden. Und auch eine Zusammenlegung der Kongregationen für die Gottesdienstordnung und für die Heiligsprechungen kam ins Gespräch.

Auf anstehende Strukturänderungen deutet auch die derzeitige Personalpolitik von Papst Franziskus hin. Es ist auffallend und ungewöhnlich, dass seit der Versetzung von Kardinal Antonio Canizares Llovera ins spanische Valencia die Leitung der Gottesdienstkongregation vakant ist. Ob an ihre Spitze der Leiter einer der untergehenden Räte treten soll, ist freilich Spekulation. Aber es würde erklären, warum Franziskus mit einer Berufung wartet.

Außenministerium wird anglophoner

Auffallend rasch bekam dagegen Außenminister Dominique Mamberti einen Nachfolger. Gleichzeitig mit der Beförderung des Franzosen an die Spitze des Kirchengerichts der Signatur wurde am Wochenende auch sein Nachfolger präsentiert: Der britische Erzbischof Paul Richard Gallagher (60), bislang Papstbotschafter in Australien und Kurskollege von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin an der Diplomatenakademie, koordiniert künftig die päpstliche Außenpolitik. Allerdings soll Mamberti noch die Planungen für die Türkei-Reise des Papstes vom 28. bis 30. November zu Ende bringen.

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Kardinal George Pell, Erzbischof von Sydney.

Der Wechsel markiert im Übrigen auch das Ende einer Ära, in der Franzosen oder Italiener die Außenpolitik des Heiligen Stuhls bestimmten. Der Vatikan sei anglophoner geworden, kommentierte ein hoher Kirchenmann.

Wichtige Reformbereiche haben Vorrang

Ein Zeitplan für die Kurienreform liegt bislang noch nicht vor. Anfängliche Erwartungen, ein solches Mammutprojekt lasse sich binnen weniger Monate abschließen, erwiesen sich bald als illusorisch. Immerhin brauchte die Kurienkonstitution "Pastor bonus" von 1988 unter Johannes Paul II. viele Jahre, obwohl sie die Struktur der Vorgängerordnung von 1967 nur geringfügig veränderte. Und sicher wird Franziskus das Projekt vor der Verabschiedung noch von seinen Juristen prüfen lassen.

Allerdings wurden wichtige Reformbereiche wie die Bischofssynode und der vertrackte Wirtschafts- und Finanzbereich bereits vorgezogen und vom K9-Rat auf einen neuen Weg gebracht. Franziskus begründete einen Wirtschaftsrat, den der Münchner Kardinal Reinhard Marx koordiniert, und ein Wirtschaftssekretariat unter dem Australier George Pell. Allerdings dürfte es auch hier noch geraume Zeit dauern, bis die beiden tatsächlich Transparenz in das Gewirr der eigenständig nebeneinander operierenden vatikanischen Finanzstellen bringen.

Von Johannes Schidelko (KNA)

Stichwort: Kurie

Das lateinische Wort curia bedeutet "Fürstenhof" oder "[päpstliche] Regierung" und meint kirchliche Verwaltungsbehörden. Seit dem 11. Jahrhundert ist es die Bezeichnung für die Gesamtheit der kirchlichen Behörden, durch die der Papst die Weltkirche leitet, deshalb auch: Römische Kurie. Zur Römischen Kurie gehören seit der Kurienreform im Jahr 1988 fünf Behördengruppen: das Staatssekretariat, geleitet vom Kardinalstaatssekretär, neun Kurienkongregationen, drei Gerichtshöfe (die Apostolische Signatur, oberster Gerichtshof und höchstes Verwaltungsgericht, u. a. zuständig für die richtige Anwendung des kirchlichen Rechts; die Rota Romana, zuständig u. a. als letzte Instanz für Eheannulierungen; die Apostolische Pönitentiarie, zuständig für Bußfragen), elf Päpstliche Räte und drei Ämter (u. a. die Vermögensverwaltung des Heiligen Stuhls). Mit der Römischen Kurie verbunden sind verschiedene Institutionen, darunter das Vatikanische Archiv, die Vatikanische Bibliothek und Radio Vatikan. (Quelle: Manfred Becker-Huberti/Ulrich Lota | © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010)