Bischof Bode zu Finanzen, Geschiedenen, Ökumene und Flüchtlingen

"Entscheidend ist unsere Glaubwürdigkeit"

Veröffentlicht am 29.12.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bistum Osnabrück

Osnabrück ‐ Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode gilt als Vordenker in der Deutschen Bischofskonferenz. Er gehört zum Leitungsteam des Dialogprozesses und ist als Vorsitzender der Pastoralkommission zuständig für Fragen der Seelsorge. Im Interview äußert er sich zu aktuellen Problemen in Kirche und Gesellschaft und erklärt, wie er die Finanzen seines Bistums weiter transparent halten will.

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Frage: Bischof Bode, nach dem Limburger Finanzskandal haben Sie eine absolute Offenheit der Kirche in Finanzfragen angemahnt. Nun hat das Bistum Osnabrück erstmals Jahresabschlüsse für die drei großen Körperschaften Bistum, Bischöflicher Stuhl und Domkapitel vorgelegt . Was werden Sie noch tun?

Bode: Wie beim Haushalt des Bistums werden auch die Bilanzen des Bischöflichen Stuhls und des Domkapitels dem Kirchensteuerrat zur Prüfung vorgelegt, dem aus den Kirchenvorständen des Bistums gewählten Gremium. Außerdem wird der ständige Vermögensverwaltungsrat der Diözese auch mit gewählten Mitgliedern "von außen" besetzt.

Frage: Alle Diözesen weisen darauf hin, dass die derzeit positive Entwicklung bei den Kirchensteuereinnahmen nicht anhalten wird. Mit welchem Szenario rechnen Sie in etwa zehn Jahren?

Bode: Es wird die Frage sein, wo wir in unseren kirchlichen Aufgaben Prioritäten setzen und wo wir vielleicht auch das eine oder andere aufgeben müssen. Auf jeden Fall dürfen wir uns nicht binnenkirchlich konzentrieren, sondern werden immer auch soziale und diakonische Aufgaben erfüllen.

Frage: In Kiel scheiterte die Aufnahme eines Gottesbezugs in die Landesverfassung, in Bremen mussten die Kirchen hinnehmen, dass Urnen nicht mehr auf Friedhöfen beigesetzt werden müssen. Wie steht es um den gesellschaftspolitischen Einfluss der Kirchen?

Bode: Die christlichen Kirchen sind rein zahlenmäßig nicht mehr so starke Größen in unserer Gesellschaft wie früher. Auch deshalb gibt es mehr Pluralität in den unterschiedlichen Bereichen des Lebens. Entscheidend ist, wie glaubwürdig und begründet wir uns in Gesellschaft und Politik einbringen.

Frage: Müssten evangelische und katholische Kirche nicht noch mehr mit "einer Stimme" sprechen?

Bode: Die Kirchen werden freilich da am besten gehört, wo sie sich mit "einer Stimme" zu Wort melden mit klaren Positionen. Doch teilen wir als Kirche eben auch die Pluralität der Gesellschaft. Wichtig ist eine größtmögliche Solidarität in den Zielvorstellungen.

Frage: Auf theologischem Gebiet stockt es in Sachen Ökumene . Das Kirchenvolk dagegen feiert ökumenische Andachten - immer öfter auch mit zwei Pfarrern am Altar. Muss die Kirche diese "gelebte" Ökumene nicht noch viel mehr fördern und etwa Formen des gemeinsamen Gottesdienstes entwickeln?

Bode: Von theologischem Stocken kann nicht die Rede sein, nur weil die Entwicklungen nicht mehr so schnell verlaufen wie in den Jahren nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965). Kernfragen des Glaubens um Kirche, Amt, Eucharistie oder um bioethische Themen verlangen längeren Atem. Die sogenannte gelebte Ökumene braucht zur Nachhaltigkeit auch gute Theologie, die übrigens oft nur besser von allen angenommen werden müsste. Die Selbstverständlichkeit des Miteinanders bedarf vor allem einer spirituellen Vertiefung und nicht zuerst einer Vermehrung der Aktivitäten.

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Video: © Benjamin Krysmann

Erreicht die Seelsorge die Menschen noch? Wie können Priester entlastet werden, damit sie ihrer Hauptaufgabe nachkommen können? Die Antwort auf diese Fragen sieht Bischof Bode in der stärkeren Einbeziehung von Laien.

Frage: Nach der Familiensynode in Rom im Oktober haben Sie noch mehr Mut zu Reformen etwa im Umgang mit Homosexuellen und wiederverheiratet Geschiedenen gewünscht. Was steht dem entgegen?

Bode: Hier geht es um Grundfragen der Tradition und des Umgangs mit den Lebenswirklichkeiten, die sich entwickelt haben. Wie sind Glaubenswahrheiten wie etwa die Unauflöslichkeit der Ehe und deren Offenheit für neues Leben positiv zu bewahren in einer Welt, der nicht mehr mit Schwarz-Weiß-Denken und Alles-oder-Nichts-Forderungen, sondern auch mit vielen "Zwischentönen" zu begegnen ist? Das ist wesentlich komplexer, als manche mit ihren einfachen Lösungen vorgeben.

Frage: Die katholische Kirche lehnt Beihilfe zum Suizid für Sterbenskranke strikt ab. Dagegen gibt es in der Bevölkerung laut Umfragen eine Mehrheit für ein selbstbestimmtes Ende ihres Lebens. Ist die Kirche in Gefahr, sich mit ihrer entschiedenen Haltung zu isolieren?

Bode: Wir müssen in den Fragen um Leben und Tod entschieden bleiben, weil unser Glaube da eindeutig ist und weil die Folgen einer Relativierung unabsehbar wären. Je deutlicher wir diese Folgen machen können und je mehr wir Hilfen im Sterben statt zum Sterben anbieten, desto geringer ist die Gefahr, isoliert dazustehen. Wir werden im Gegenteil neue Verbündete finden. Die Bundestagsdebatte zu diesen Themen war auch weitaus differenzierter als so manche öffentliche Meinung.

Frage: Sie haben gerade die Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge in Bramsche besucht, wo Flüchtlinge aus den Kriegs- und Konfliktgebieten im Nahen Osten und in Afrika ankommen. Nicht zuletzt die Kirchen drängen auf humane Aufnahme. Dennoch gibt es fremden- und islamfeindliche Tendenzen. Was tun?

Bode: Auch hier dürfen wir als Kirche nicht aufhören, die Botschaft Christi zu leben und weiterzugeben. Alle Menschen und somit auch alle Fremden sind Ebenbilder Gottes, denen wir mit Offenheit, Respekt und mit Achtung und Wertschätzung für ihre positiven Gaben, Fähigkeiten und Werte zu begegnen haben. Migration wird ein alles durchdringendes Thema bleiben, besonders wenn die Anstrengungen um Gerechtigkeit und Frieden weltweit nicht deutlich erhöht werden. Wer bereit ist, die Menschen, die zu uns kommen, wirklich näher kennenzulernen, kann viele Vorurteile in Zuwendung wandeln.

Das Interview führte Johannes Schönwälder (KNA)