Mehr als 400 ukrainische Gemeinden verlassen Moskauer Patriarchat
Die mit Moskau verbundene ukrainisch-orthodoxe Kirche soll seit Russlands Angriff Ende Februar mehr als 400 Pfarreien und Klöster im ganzen Land an die eigenständige orthodoxe Kirche der Ukraine verloren haben. Die autokephale (eigenständige) Kirche teilte am Dienstag auf ihrer Internetseite mit, die Mitglieder der Pfarreien und Klöster hätten jeweils mit absoluter Mehrheit für deren Wechsel zu ihr gestimmt. Sie beglückwünschte alle, deren Gewissen es nicht mehr zulasse, einer Kirche anzugehören, deren Patriarch Kyrill I. Massaker und die kriminelle Ideologie der "russischen Welt" segne. "Unsere Kirche ist eine wirklich offene Kirche für alle", hieß es weiter. Man wolle niemanden für die Vergangenheit bestrafen oder verurteilen. Allein Gott sei der Richter aller.
Trotz der zahlreichen Wechsel zur Ende 2018 gegründeten eigenständigen Kirche, zählt die Kirche des Moskauer Patriarchats mit rund 12.000 Pfarreien weiter mit Abstand die meisten Gemeinden in der Ukraine. Die neue Kirche gab nicht an, über wie viele Pfarreien sie nun insgesamt verfüge. In der Vergangenheit war von mehr als 7.000 die Rede.
Die Unterstützung des Moskauer Patriarchen Kyrill für Russlands Angriffskrieg sorgt in der Ukraine seit Wochen für Empörung. Das Kirchenoberhaupt rechtfertigte den Militäreinsatz als "metaphysischen Kampf" des Guten gegen das Böse aus dem Westen. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats ist zwar weitgehend autonom, untersteht aber Kyrill. Ihre Bischöfe unterstützen nach eigener Aussage das ukrainische Militär und verurteilen Russlands Krieg gegen das Land.
Litauens Regierung für Bruch orthodoxer Pfarreien mit Moskau
Unterdessen macht sich auch die litauische Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte für eine Abspaltung orthodoxer Kirchengemeinden ihres Landes vom Moskauer Patriarchat stark. Eine Regierungssprecherin sagte der Nachrichtenagentur BNS, Simonyte habe dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel geschrieben, sie unterstütze eine entsprechende Initiative orthodoxer Christen aus Litauen. Diese könnten sich dem Patriarchat von Konstantinopel unterstellen.
Ein Teil der orthodoxen Litauerinnen und Litauer könne die öffentliche Unterstützung Kyrills für Putins Krieg gegen die Ukraine nicht akzeptieren, so Regierungssprecherin Rasa Jakilaitiene. Sie hätten nach Ansicht der Ministerpräsidentin das Recht, "ihren Glauben ohne Gewissenskonflikt zu praktizieren". Simonyte erklärte demnach gegenüber Bartholomaios ihre Bereitschaft, über die Rolle der Regierung bei einer möglichen Rückkehr des Patriarchats von Konstantinopel nach Litauen zu sprechen. Die Entscheidung über eine Gründung von Kirchengemeinden könne allerdings nur das Patriarchat von Konstantinopel treffen.
Das Oberhaupt der orthodoxen Kirche Litauens, Metropolit Innokentij, betonte unterdessen, die große Mehrheit der orthodoxen Gläubigen denke nicht daran, die Kirche des Moskauer Patriarchats zu verlassen. Er warf der Regierung am Wochenende vor, im Geheimen und ohne Rücksprache mit der litauischen Kirche mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel wichtige Fragen zu diskutieren. Es habe ihn sehr gestört, dass er nur von der offiziellen Website des Patriarchats von Konstantinopel erfahren habe, dass der litauische Botschafter am 18. Mai Bartholomaios einen Brief von Simonyte übergeben habe. Innokentij rief Simonyte zu einem offenen und ehrlichen Dialog mit ihm auf. (tmg/KNA)