Streit um bayerischen Kreuzerlass: Gericht lässt sich Zeit
Im Rechtsstreit um Kreuze in bayerischen Behörden ist am Mittwoch noch keine Entscheidung gefallen. Die Präsidentin des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH), Andrea Breit, erklärte in der mündlichen Verhandlung, die Entscheidung werde den Parteien in den nächsten 14 Tagen zugestellt. Wegen der komplexen verfassungsrechtlichen Fragen werde der Senat diese Frist wahrscheinlich ausschöpfen.
Seit 2018 schreibt die Staatsregierung den Landesbehörden vor: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen." Der "Kreuzerlass" löste intensive Debatten aus. Der Bund für Geistesfreiheit (BfG) hat beantragt, die Vorschrift aufzuheben und den Staat zum Abhängen der Kreuze zu verpflichten.
Aus Sicht des Klägers ist das Kreuz in Behörden eine "Werbemaßnahme" zugunsten des Christentums, wodurch er als Weltanschauungsgemeinschaft benachteiligt werde. Der Landesanwalt brachte zum Ausdruck, dass die Staatsregierung mit ihrer Vorschrift ausdrücklich keine religiöse Botschaft verbinde, und verwies dazu auf deren Wortlaut. Der Klägeranwalt hielt entgegen, es komme nicht auf die Absicht hinter der Maßnahme an, sondern auf deren "Wirkmächtigkeit". Es stehe außer Frage, dass das Kreuz das zentrale Glaubenssymbol der christlichen Kirchen sei.
Kläger sieht Nachteil in weltantschaulichem Wettbewerb
In dem Streit geht es um das Grundrecht der Glaubensfreiheit, das Grundrecht auf Gleichbehandlung und die staatliche Neutralitätspflicht. Deren Verbindung sei bisher ungeklärt, betonte die Gerichtspräsidentin. Zugleich äußerte sie die Vermutung, dass ihr Senat nicht die letzte Instanz sein werde, die sich mit diesem Problem beschäftigen müsse.
Der Vertreter des Freistaats bezweifelte, dass jemand in seinen Rechten beeinträchtigt werde, wenn er im Eingangsbereich einer Dienststelle kurzzeitig ein Kreuz anschauen müsse. Der Klägeranwalt sagte, schon die Existenz der Vorschrift stelle für den BfG einen substanziellen Nachteil im Verhältnis zur weltanschaulichen "Konkurrenz" dar. Sie diskriminiere alle Nicht-Christen im öffentlichen Bereich. Der Landesanwalt sagte, die Anbringung von Kreuzen in Behörden sei "nicht mit einem Appell" verbunden. Wollte der Staat seine Bürger damit missionieren, wäre dies "selbstverständlich unzulässig". Das sei aber nicht der Fall. Die Gerichtspräsidentin sagte, offenkundig habe das Kreuz mehrere Bedeutungen.
In die Debatte um den umstrittenen Kreuz-Erlass der bayerischen Staatsregierung hatten sich sowohl kritische als auch befürwortende Stimmen aus Gesellschaft, Politik und Kirche eingeschaltet. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte damals, Kreuze im öffentlichen Raum seien für ihn grundsätzlich Anlass zur Freude. Ministerpräsident Markus Söder habe mit seinem Erlass jedoch "Spaltung, Unruhe, Gegeneinander" ausgelöst. "Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden", so der Kardinal. Das "Forum Deutscher Katholiken" stellte sich hinter Söders Entscheidung und betonte, das Kreuz bedrohe niemanden und schütze auch Andersgläubige und Nichtglaubende. (mfi/KNA)