Es gebe viele "Cocktails des Christentums"

Theologe Spielberg: Katholischsein muss offener werden und weniger eng

Veröffentlicht am 11.06.2022 um 10:36 Uhr – Lesedauer: 

Venlo/Bonn ‐ Was ist katholisch? Bernhard Spielberg plädiert für eine weite Auffassung dieses Begriffs. Der Pastoraltheologe glaubt, dass die Weltkirche hierfür eine gute Lerngemeinschaft sein könne – und warnt vor zu großer Enge.

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Der Freiburger Pastoraltheologe Bernhard Spielberg plädiert für ein weniger enges Verständnis vom Katholischsein und für mehr Offenheit. Es gebe viele "Cocktails des Christentums", wo neue und schmackhafte Geschmacksmuster entstünden, sagte er mit Blick auf die Weltkirche am Freitagabend im niederländischen Venlo. Dies werde problematischerweise in der katholischen Kirche oft als schlecht angesehen, kritisierte der Theologe in seinem Eröffnungsvortrag bei der Jahrestagung der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk.

Spielberg sprach sich dabei für ein Verständnis von Weltkirche als Lerngemeinschaft aus. Dazu müsse man sich aber vom Leitbild einer universalen und möglichst einheitlichen Weltkirche lösen. Stattdessen solle man die Verschiedenheit als das Normale akzeptieren und sogar anstreben.

Mit Blick auf den US-Autor John L. Allen skizzierte der Theologe die Zukunft der Kirche anhand von vier durchaus kritisch zu sehenden Schlagworten: sie werde "global, kompromisslos, pentecostal und extrovertiert". Vor diesem Hintergrund warb Spielberg für den Abschied vom "Ideal einer Einheit in Vielfalt und für die Pflege von Vielfalt in Einheit" in den unterschiedlichen katholischen Kulturen der Gegenwart.

Pfarrer Moses Awinongya aus Ghana machte sich in der folgenden Podiumsdiskussion für einen lebendigen und sich kontinuierlich weiter entwickelnden Glauben stark. Er höre oft, der Glaube müsse bewahrt werden. Glaube sei aber nichts, was man im Kühlschrank bewahre, sondern er müsse gelebt werden, so der Seelsorger.

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Die rund 800 Teilnehmenden des katholischen Cusanuswerks widmen sich bei der Jahrestagung bis Sonntag dem Thema "Welt-Kirche im Aufbruch" mit besonderem Fokus auf Afrika. Die Veranstaltung in Kooperation mit dem Katholischen Akademischen Ausländer-Dienst (KAAD) will den europäischen Blick auf Kirchenfragen hinter sich lassen. Die römisch-katholische Kirche sei die größte Institution der Welt und der älteste "Global Player", werde aber als solche oft zu wenig beachtet, so das Cusanuswerk.

Der Münsteraner Weihbischof Christoph Hegge rief die Stipendiatinnen und Stipendiaten zum Perspektivwechsel auf. Er erlebe in seinem Alltag zu oft "perspektivloses Bewahren und autoreferenzielle Strukturdebatten".

Neben der thematischen Arbeit zeichnet das Werk am Samstag innovative Netzwerkideen aus. Am Sonntag endet die Tagung mit einem Festvortrag der kenianischen Theologin Philomena Njeri Mwaura zum Thema "Die Kirche in Afrika und das Patriarchat: Afrikanische Frauen melden sich zu Wort". Den Abschlussgottesdienst wird der Erzbischof von Addis Abeba, Kardinal Berhaneyesus D. Souraphiel, feiern.

Die Bischöfliche Studienförderung Cusanuswerk ist das Begabtenförderungswerk der katholischen Kirche in Deutschland. Es hat nach eigenen Angaben bereits mehr als 11.000 hochbegabte katholische Studierende und Promovierende gefördert. (KNA)

11.06.22, 13.30 Uhr: ergänzt um weitere Aussagen Spielbergs.