Weitere Zentralisierung im Ordensrecht

Vatikan sichert sich mehr Kontrolle über Orden in Gründungsphase

Veröffentlicht am 15.06.2022 um 13:59 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Wieder einmal gibt Papst Franziskus Rom mehr Kontrolle über Ordensgemeinschaften. Schon vor der Ordensgründung können Diözesanbischöfe ab sofort bestimmte Gemeinschaften nicht mehr ohne Zustimmung aus dem Vatikan errichten.

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Papst Franziskus hat die Kontrolle über die Errichtung neuer geistlicher Vereinigungen weiter zentralisiert. In einem am Mittwoch veröffentlichten Reskript legte er fest, dass Diözesanbischöfe bereits für die Errichtung eines öffentlichen Vereins von Gläubigen die schriftliche Genehmigung des Ordensdikasteriums benötigen, wenn die Vereinigung das Ziel hat, zum Orden diözesanen Rechts zu werden. Dies gilt sowohl für künftige Institute des geweihten Lebens wie für Gesellschaften des apostolischen Lebens, die beiden Formen von Orden und ordensähnlichen Gemeinschaften, die das Kirchenrecht vorsieht. Die Neuregelung tritt sofort in Kraft.

Bereits mehrfach hat Papst Franziskus das Ordensrecht geändert und die Rechte von Diözesanbischöfen vermindert. Ursprünglich sah das Kirchenrecht vor, dass Bischöfe in ihrem Gebiet Institute des geweihten Lebens nur nach Beratung mit dem Apostolischen Stuhl errichten können. 2016 stellte der Papst in einem Reskript klar, dass eine Anerkennung ohne diese Beratung nichtig ist. 2020 änderte Franziskus den einschlägigen Kanon 579 des Kirchenrechts mit dem  Motu proprio "Authenticum charismatis" dahingehend, dass die vorgeschriebene Beratung durch eine schriftliche Genehmigung des Apostolischen Stuhls ersetzt wurde.

Angst vor "schädlicher Aufsplitterung"

Eine Begründung für das nun veröffentlichten Reskript wurde nicht veröffentlicht. Unter Verweis auf Papst Johannes Paul II. hatte Franziskus 2020 in seinem Motu proprio mitgeteilt, dass die damalige Änderung der "Gefahr einer schädlichen Aufsplitterung" entgegentreten solle. Die kanonische Errichtung einer neuen Gemeinschaft gehe laut dem Motu proprio "über den alleinigen diözesanen Bereich hinaus" und mache ihn "für den weiteren Horizont der Weltkirche relevant". Das Schreiben betont das Recht der Gläubigen, "von ihren Hirten über die Authentizität der Charismen und die Zuverlässigkeit von Gründern informiert zu werden". Gegenüber katholisch.de hatte der Kirchenrechtler Stephan Haering die Änderung 2020 so eingeordnet, dass der Vatikan es nicht allen Bischöfen zutraue, "die Dinge in solchen Fällen angemessen zu beurteilen und zu ordnen".

Grundsätzlich liegt es in der Zuständigkeit des Diözesanbischofs, öffentliche Vereine von Gläubigen für sein Diözesangebiet zu errichten. Ein öffentlicher kanonischer Verein erfüllt eine kirchenamtliche Sendung, handelt im Namen der Kirche und ist daher an die Weisungen der zuständigen kirchlichen Autorität gebunden. Das Reskript schränkt die Zuständigkeit des Diözesanbischofs ein und stellt sie unter Vorbehalt der Zustimmung des zuständigen Dikasteriums für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens. Unberührt bleiben sowohl das Recht des Diözesanbischofs, öffentliche Vereine anzuerkennen, die nicht auf die Gründung einer Ordensgemeinschaft zielen, als auch das Recht der Gläubigen, sich in Vereinigungen zusammenzuschließen. (fxn)