Lesch: "Es gibt keine Alternative zu Optimismus und Gottvertrauen"
"Lesch sieht Schwartz" lautet der Titel eines neuen Gesprächsformats, das an Fronleichnam um 17.45 Uhr erstmals im ZDF zu sehen ist. Der Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist Harald Lesch trifft dabei auf den Theologen Thomas Schwartz, Hauptgeschäftsführer des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis. Beide haben schon früher in TV-Sendungen zusammengearbeitet und Bücher veröffentlicht. Die erste Ausgabe ist überschrieben mit "Hysterie ist auch keine Lösung" und sucht nach Wegen aus der medialen Überforderung. Im Interview spricht Lesch über gute Gespräche und Gottvertrauen.
Frage: Herr Lesch, in der ersten Folge geht es um Wege aus der medialen Überforderung. Warum haben Sie gerade dieses Thema für die Premiere an Fronleichnam gewählt?
Lesch: Unserer Erfahrung nach eignen sich Feiertage sehr gut dafür, mal über den "Tellerrand" zu schauen. Und die mediale Überforderung ist ein Thema über den Tag hinaus, das durchaus große Wirkungen hat, über die wir dringend sprechen müssen.
Frage: Sie möchten den Zuschauern auch zu einer Haltung verhelfen, mit der Berichterstattung über die vielen Krisen in der Welt besser umzugehen. Was ist Ihre Empfehlung?
Lesch: Mediale Diät – keine Kurznachrichten. Und vor allem, sich mit anderen darüber austauschen, was man erfahren und womöglich nicht ganz verstanden hat. Gespräche bedeuten eben nicht nur Senden im Netz, sondern Zuhören und Argumente der Anderen wahrnehmen. Und sich durchaus fragen, wie viel Dauerinformationen kann ich selbst aushalten.
Frage: Mit dem Gesprächsformat möchten Sie – anders als es der Titel augenzwinkernd vermuten lässt – gar nicht "schwarz sehen", sondern auch für Gottvertrauen werben. Die Kirchen werden diesbezüglich immer weniger wahrgenommen. Kann die Wissenschaft der Theologie helfen, Menschen wieder mehr zu erreichen?
Lesch: Sie kann auf jeden Fall mal zeigen, wie Öffentlichkeitsarbeit positiv das Bild einer Wissenschaft beeinflusst.
Frage: Ein Astrophysiker und ein Theologe – gegensätzlicher könnten die Perspektiven für einen Austausch kaum sein. Ich unterstelle Ihnen jetzt mal, dass Sie dennoch nicht übereinander herfallen, sondern gute Gespräche führen. Warum gelingt solch ein gepflegter Austausch immer weniger Menschen?
Lesch: Vielleicht, weil sie sich keine Zeit mehr nehmen oder sogar nehmen können, Freundschaften zu pflegen. Thomas und ich sind gute Freunde, aber wir streiten eben auch, aber die Haltung und Meinung des Anderen ist uns wichtig. Warum? Weil er mein Freund ist. Vielleicht erleben wir insgesamt zu viel Wettbewerbssituationen und zu wenig Zusammenhalt und Gemeinschaft.
Frage: Verzweifeln Sie manchmal auch an Gott und den Menschen? In der Corona-Zeit haben Sie ja so manche Prügel von Corona-Leugnern einstecken müssen.
Lesch: Verzweifeln ist nicht das richtige Wort, aber man muss sich doch immer wieder aufrappeln. Aber es gibt keine Alternative zu Optimismus und Gottvertrauen. Wie meine Frau immer sagt: "Vamos, juntos" (dt.: "wir gehen zusammen").
Frage: Viele sehen Wissenschaft und Theologie in einem unauflösbaren Spannungsverhältnis. Warum ist es Ihnen beiden ein Anliegen – auch in dem neuen Gesprächsformat – zu zeigen, dass sich Wissenschaft und Theologie nicht ausschließen?
Lesch: Weil es uns ein fast spitzbübisches Vergnügen bereitet.
Frage: Wo können sich Glaube und Wissen vielleicht sogar gut ergänzen?
Lesch: Eigentlich überall. Glauben ist Vertrauenssache, Wissen nicht. Aber Wissen ist eine sehr gute Grundlage für Vertrauen.
Frage: Sie haben mal über Thomas Schwartz gesagt, er sei "richtig schlau"; Schwartz sagt über Sie, Sie seien "richtig fromm". Treffen Sie sich auch privat, um sich über Gott und die Wissenschaft auszutauschen?
Lesch: Klar, immer wieder.