Vatikan aktualisiert Vademecum zum Umgang mit Missbrauchsfällen
Das Dikasterium für die Glaubenslehre hat sein "Vademecum" zum Umgang mit Missbrauchsfällen aktualisiert. Das nun veröffentlichte und auf den 5. Juni datierte Dokument vollzieht die seit dem Erscheinen der ersten Version im Jahr 2020 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen nach. Das Vademecum stellt selbst kein neues Recht auf, sondern fasst die geltende kirchliche Rechtslage "in den Verfahren zur Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker" zusammen, wie es im Untertitel des Dokuments heißt.
Insbesondere das universalkirchliche Strafrecht wurde mit einer weitgehenden Neufassung des Buchs VI des Codex Iuris Canonici 2021 reformiert, außerdem wurden im selben Jahr die Normen über Straftaten erneuert, für die das Glaubensdikasterium zuständig ist. Auch die Umbenennung der vormaligen Glaubenskongregation in Dikasterium für die Glaubenslehre im Zuge der an Pfingsten in Kraft getretenen Kurienreform findet im überarbeiteten Vademecum Niederschlag.
Neues Strafrecht nicht in allen Altfällen anwendbar
Mit Blick auf die Strafrechtsreform weist das Dokument darauf hin, dass das auch im Kirchenrecht geltende Rückwirkungsverbot zu beachten ist. Can. 1313 sieht vor, dass das für den Täter günstigere Gesetz anzuwenden ist, wenn seit Begehung der Tat das Gesetz geändert wurde: "Deshalb ist die früher geltende Fassung des sechsten Buches des CIC für die Delikte, die vor dem 8. Dezember 2021 begangen wurden, zu berücksichtigen und ihre Anwendung zu prüfen", so das Vademecum. Insgesamt wurden die Rechte von Beschuldigten klarer dargelegt.
Neben der Anpassung an die neue Rechtslage wurden auch einige begriffliche Präzisionen etwa mit Blick auf das Kirchenrecht der unierten Ostkirchen vorgenommen. Das Vademecum war erstmal nach einem Gipfel zur Missbrauchsprävention im Vatikan im Februar 2019 angekündigt worden, wurde aber erst im Juli 2020 veröffentlicht. Aus Kurienkreisen verlautete, dass es sich vor allem an solche Bistümer und Ordensgemeinschaften richte, in denen es an kirchenrechtlicher Fachkenntnis und einer entsprechenden Rechtspraxis fehlt. Daher soll es in verständlicher Sprache alle einschlägigen Regelungen zusammenfassen. Die nun erschienene zweite Version ist die erste Änderung seit dem ursprünglichen Erscheinen. Das Vademecum wurde auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Polnisch und Portugiesisch veröffentlicht. (fxn)