Jesuanische Logik ist einzige Therapie für Patientin Kirche
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"Mit Bedauern haben wir Ihre Kündigung zur Kenntnis genommen." Wer kennt sie nicht, die Standardantwort von Arbeitgebern und Kunden-Servicecentern auf ein Kündigungsschreiben. Was soll man auch groß antworten und die Person noch vom Gegenteil überzeugen, hat sie sich doch längst schon anders entschieden.
Für die Deutsche Bischofskonferenz begann diese Woche mit einer bitteren Pille, stand doch die Veröffentlichung der jährlichen Kirchenstatistik auf der Tagesordnung. Wieder einmal fiel die Bilanz verheerend aus; die vermeldeten Negativrekorde würden jede Salesmanagerin und jeden Sporttrainer blass aussehen lassen. Da erging es vielen Bischöfen nicht anders und so mancher von ihnen reagierte auf die Misere der gesunkenen Nachfrage und der massenhaften Kündigungen in Form von Kirchenaustritten mit Betroffenheitsrhetorik: es mache betroffen, es erschüttere zutiefst, es schmerze, es tue sehr, sehr weh.
Das klingt ganz nach Selbst-Diagnose eines Notfall-Patienten. Doch wie soll man in dieser Situation auch anders reagieren? – Nur die offenen Wunden, mithilfe des Medikaments "Synodaler Weg", notdürftig verbinden und warten bis der richtige Arzt kommt, etwa in Person von (Papst) Franziskus oder Jesus? Wachen und beten und auf einen Selbstheilungsprozess in Form eines Wunders hoffen? Oder ist die angeschlagene Patientin "deutsche katholische Kirche" nur noch durch Gesundschrumpfung und Abbau unnötigen Ballasts mit Hilfe einer Entgiftungskur zu retten, wie manche meinen?
Vermeintliche Therapie-Ratschläge für die Kirche haben Hochkonjunktur. Doch scheint es, dass sie alle nur an der Oberfläche herumdoktern. Das eigentliche Problem der Patientin, nämlich dass das Evangelium gar nicht mehr bei den Menschen ankommt und viele der Kirche den Rücken zuwenden, bleibt weiterhin bestehen.
Bei ärztlichen Behandlungsfehlern, Unfällen oder der Verletzung von Beratungspflichten kennt das Recht in vergleichbaren Fällen eine Umkehr der Beweislast. Das bedeutet, die Fehler sind nicht länger bei der Gegenpartei zu suchen, sondern man muss zuerst bei sich selbst fehlerhaftes Verhalten ausräumen. Mit Blick auf Kirche heißt das, nicht länger diejenigen an den Pranger zu stellen, die ihr Kündigungsschreiben bei uns einreichen, sondern alles daran zu setzen, unserem Auftrag als Kirche Jesu Christi gerecht zu werden und zuerst zu den Zöllnern, Sündern und Dirnen zu gehen. Das ist jesuanische Logik und die einzige Therapie, die der Patientin in dieser Situation noch helfen kann.
Die Autorin
Schwester Dr. Maria Gabriela Zinkl SMCB ist Borromäerin im Deutschen Hospiz St. Charles in Jerusalem und arbeitet als Dozentin für Kirchenrecht und als Pädagogin.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.