Kohlgraf zu Austritten: Kirche verliert Menschen aus ihrer Mitte
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat darauf hingewiesen, dass im Unterschied zu früheren Jahren aktuell viele kirchlich aktive Menschen ihren Austritt erklären. Die Kirche müsse wahrnehmen, "dass wir auch viele engagierte Menschen aus der Mitte verlieren", sagte Kohlgraf laut Pressemitteilung seines Bistums am Mittwoch bei einer Gesprächsveranstaltung in der Benediktinerinnenabtei Kloster Engelthal. Kirchenaustritte seien "sehr persönliche, bewusste Entscheidungen von Menschen, die teilweise Verletzungen durch die Kirche erlitten haben".
Am Montag hatte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) die Mitgliederzahlen der katholischen Kirche in Deutschland für das Jahr 2021 vorgelegt. Demnach verließen mit knapp 360.000 Menschen so viele Gläubige die Kirche wie noch nie zuvor. Der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2019 lag bei etwa 273.000 Menschen. Rund 21,6 Millionen Menschen in Deutschland gehören derzeit noch der katholischen Kirche an.
Keine Illusionen machen
Weiter warnte Kohlgraf vor übersteigerten Erwartungen an den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland. "Viele träumen davon, dass sie durch den Reformprozess wieder in einer Pfarrfamilie leben können. Das wird nicht mehr kommen. Das ist eine Illusion", betonte der Mainzer Bischof. Stattdessen gelte es, "im jetzt anzukommen". Dies betreffe Konservative und Reformer gleichermaßen. "Alle stricken sich ein Bild von einer Kirche, die es so nicht gegeben hat, und so auch nicht geben wird." Lobend äußerte sich Kohlgraf zur Entwicklung der Diskussionskultur in der Kirche: "Vor zehn Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass Bischöfe, Priester und Laien in dieser Form miteinander diskutieren."
Der Mainzer Bischof äußerte sich auch zu einigen innerkirchlichen Debatten. So bezeichnete er es als legitimen Weg, über das Thema Frauenweihe intensiv zu beraten und in die Weltkirche einzubringen. "Das soll nicht vertrösten, sondern es braucht fundierte theologische Beratung in dieser Frage." Im Hinblick auf die Debatte um die Aufhebung des priesterlichen Pflichtzölibats sagte Kohlgraf, er könne sich vorstellen, dass der Papst in dieser Hinsicht regionale Unterschiede ermöglichen könne. "Es geht aber auch um die Frage, wie man Priestern heute ein zölibatäres Leben ermöglichen kann, das eingebunden ist in ein Netzwerk aus Freundschaft". (mal)