Orthodoxer Geistlicher sieht sich als "christlicher Pazifist"

Wegen Kritik am Ukraine-Krieg: Russischer Priester bleibt in Haft

Veröffentlicht am 21.07.2022 um 09:44 Uhr – Lesedauer: 

Moskau ‐ Wer in Russland Kritik an der sogenannten "militärischen Spezialoperation" in Ukraine übt, muss mit Sanktionen rechnen. So erging es auch einem Priester, der den Kriegstreibern die Hölle angedroht hatte. Er muss nun länger im Gefängnis bleiben.

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Die russische Justiz hat die Beschwerde eines orthodoxen Geistlichen und Gegners des russischen Ukraine-Kriegs gegen seine seit sechs Wochen andauernde Untersuchungshaft abgewiesen. Das Stadtgericht Sankt Petersburg lehnte am Mittwoch eine Freilassung des suspendierten Priesters Ioann Kurmojarow ab, wie sein Anwalt Leonid Krikun auf Facebook mitteilte. Ein Gericht hatte am 9. Juni für zwei Monate Untersuchungshaft verfügt, weil Kurmojarow wissentlich falsche Informationen über die "militärische Spezialoperation", wie der Angriffskrieg in Russland genannt werden muss, verbreitet habe.

Kurmojarow hatte im März in einem eigenen Video auf der Plattform YouTube den russischen Einmarsch in die Ukraine verurteilt. Jene, die den Krieg entfesselt hätten, kämen nicht in den Himmel, sondern in die Hölle, sagte er darin. Die Polizei nahm ihn am 7. Juni fest und beschlagnahmte unter anderem seinen Computer, seine Soutane, zwei Ikonen und ein Holzkreuz. Wer "falsche Informationen" über das russische Militär in der Ukraine in Umlauf bringt, dem drohen in Russland seit März bis zu 15 Jahre Haft. Das Parlament beschloss dies im Eilverfahren nach dem russischen Überfall auf die Ukraine von Ende Februar.

Laut Online-Medien plädiert Kurmojarow auf unschuldig. Er sei ein "christlicher Pazifist". In dem Video habe er auf dem Gebot "Du sollst nicht töten" bestanden und deswegen einen Krieg abgelehnt. Russische Staatsanwälte eröffneten nach Angabgen der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info bereits gegen mehr als 170 Personen Strafverfahren wegen Protesten gegen den Ukraine-Krieg. In anderen Fällen wurden Geldbußen verhängt, so auch gegen zwei orthodoxe Priester. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. unterstützt hingegen den Krieg gegen die Ukraine. Er ist ein Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. (KNA)