Erzbistum Köln: Wollten keine Missbrauchsbetroffenen instrumentalisieren
Der Kölner Generalvikar Guido Assmann hat den Vorwurf zurückgewiesen, das Erzbistum habe den Betroffenenbeirat für die eigene Krisenkommunikation instrumentalisiert. "Das ist definitiv falsch – wir haben nicht nach einem Drehbuch Dritter gehandelt", betonte Assmann in einem Schreiben an die Mitarbeitenden, das das Erzbistum am Mittwoch veröffentlichte. Es habe nie das Ziel gegeben, den Betroffenenbeirat "zu einem bestimmten Stimmverhalten zu animieren", so der Generalvikar. "Handlungsleitend war somit immer und ausschließlich die Betroffenenperspektive – genauso wie es unser Erzbischof vorgegeben hatte."
Die PR-Agentur habe dem Erzbistum Handlungsempfehlungen mit auf den Weg gegeben, sei bei den Gesprächen mit dem Betroffenenbeirat aber nicht dabei gewesen. Die Vorschläge seien nicht alle in Wort und Tat umgesetzt worden. "Weder wollten wir instrumentalisieren, noch auch einen solchen Verdacht irgendwie nähren. Letzteres ist leider nicht gelungen", konstatiert Assmann. "Das Durchstechen eines vertraulichen Papiers mit den anschließenden Spekulationen und mitunter völlig falschen Interpretationen hat solche Verdächtigungen vielmehr befördert." In "einigen Medien" werde daraus nun ein "Riesenskandal" gemacht. "Ist es aber nicht", so der Generalvikar.
Für Aufklärung bedürfe es "einer Menge an Vertrauen bei den Betroffenen"
Zugleich verteidigte Assmann die Beauftragung einer PR-Agentur in der gegenwärtigen Krisensituation des Erzbistums. "Ich bin Priester in diesem Hause, andere sind Verwaltungsfachleute, wiederum andere Finanzexperten – wir sind alle keine Kommunikationsprofis." Die eigene Hauptabteilung Medien- und Kommunikation hätte die Flut von Anfragen nicht bewältigen oder eine Kommunikationsplanung entwickeln können. "Genau diese benötigt man aber bei solch einer schwierigen Lage – immer unter dem Gesichtspunkt, dass die Betroffenenperspektive absolute Priorität hat."
Die Stabsabteilungen des Erzbistums würden weiterhin "keine Sekunde darin nachlassen", Missbrauchstaten aufzudecken. Dafür hätten sie die volle Unterstützung von Kardinal Rainer Maria Woelki und ihm. "Um bei der Aufklärung erfolgreich zu sein, bedarf es aber auch einer Menge an Vertrauen bei den Betroffenen", so Assmann. "Darum wird es auch künftig ausgeschlossen sein, dass wir aus vertraulichen Papieren, vertraulichen Mails oder aus vertraulichen Gesprächen informieren." Wer dies auch nur dulde, "schadet dem gesamten Erzbistum, den Mitarbeitenden und nicht zuletzt denjenigen, die Betroffene sind".
Am Freitag hatte der "Kölner Stadt-Anzeiger" über interne Unterlagen von Woelkis PR-Beratern berichtet. Demnach rieten die Fachleute dem Kardinal und seinem damaligen Generalvikar Markus Hofmann unter anderem, bei der Frage eines zweiten Missbrauchsgutachtens den Betroffenenbeirat des Erzbistums auf ihre Linie zu bringen, was einen angedachten Gutachter-Wechsel im Oktober 2020 betraf. Die Fachleute sollen Vorschläge unterbreitet haben, wie dieses Ziel zu erreichen und die Betroffenen zu überzeugen seien.
Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, kritisierte daraufhin das Verhalten der Bistumsleitung. "Betroffenenbeteiligung muss auf Augenhöhe und in voller Transparenz erfolgen", sagte sie. "Stattdessen Betroffene im Kontext von institutionellen Aufarbeitungsprozessen zur Verfügungsmasse zu degradieren und neuerlich die sich beteiligenden Mitglieder eines solchen partizipativen Gremiums massivster Machtmanipulation zu eigenem Nutzen zu unterwerfen, ist anmaßend und empörend."
Assmann seit Anfag Juli neuer Generalvikar
Kritik daran kam auch von den Stadtdechanten von Köln, Bonn und Wuppertal, Robert Kleine, Wolfgang Picken und Bruno Kurth. Sie forderten in den vergangenen Tagen eine Erklärung, ob die Vorwürfe der Wahrheit entsprächen. Er hoffe, dass die publizierte PR-Strategie "so nicht dem Erzbischof vorgelegt und von ihm gebilligt worden ist", betonte etwa Kleine in einem öffentlichen Facebook-Post am Montag. Sollte der Erzbischof Kenntnis darüber gehabt haben, entspräche diese "Inszenierung samt Wut bei gleichzeitig durch bezahlte PR-Experten angeratenen 'Emotionen, Glaubhaftigkeit und Echtheit' […] einer moralischen Bankrotterklärung der Bistumsleitung", so der Kölner Stadtdechant. Auch der Düsseldorfer Stadtdechant Frank Heidmann forderte gegenüber der "Rheinischen Post" (Donnerstag) eine Erklärung des Erzbistums. "Einen Betroffenenbeirat zu instrumentalisieren und Journalisten zu manipulieren, geht für mich gar nicht", so Heidkamp.
Seit Anfang Juli ist Guido Assmann neuer Generalvikar des Erzbistums. Der ehemalige Generalvikar des Erzbistums, Markus Hofmann, hatte Anfang April seinen Rücktritt angekündigt. Das Erzbistum begründete diesen Schritt damals mit einer notwendigen Umorganisation der Bistumsverwaltung. Diese soll nach Unklarheiten im Stiftungsbereich in die Bereiche Seelsorge, Finanzen und Verwaltung aufgegliedert werden. (cbr)