Eine Ausstellung zeigt Spiele mit religiösem Bezug

Wie Spiele das Bild von Kirche und Mittelalter prägen

Veröffentlicht am 03.09.2022 um 12:20 Uhr – Lesedauer: 

Liesborn ‐ Wer gerne Brettspiele spielt, kann auch mal Nonne oder Mönch sein. Doch was sagen solche Spiele über das heutige Kirchenverständnis? Im katholisch.de-Interview erzählen zwei Forschende von Fantasy und dicken Mönchen.

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Auch, wenn die Gesellschaft säkularer wird: In Spielen kommen Klöster und Christentum noch immer oft vor. Was bedeutet das? Dazu haben Anna Klara Falke und Lukas Bloch die Ausstellung "Mönch ärgere dich nicht. Kriegerische Nonnen, trinkfeste Brüder und geheimnisvolle Klöster im Spiel" im Museum Abtei Liesborn aufgesetzt. Im Interview erzählen die Archäologin und der Theologe über analoge und digitale Spiele, unser Mittelalterbild und den langen Schatten eines Klassikers. Beide haben das Projekt "Boardgame Historian" begründet, das sich aus geschichts- und geisteswissenschaftlicher Perspektive mit dem Medium des analogen Spiels beschäftigt.

Frage: Wie kommen Klöster, Nonnen, Mönche und das Christentum in Spielen vor?

Falke: Wir haben uns vor allem mit Spielen beschäftigt, die mit dem Mittelalter zu tun haben. Diese Zeit lässt sich von der Kirche, Klöstern und Christentum nicht trennen. In solchen Spielen – egal ob analog oder digital – kommt die Kirche so gut wie immer vor.

Boch: Es gibt so gut wie kein Spiel, in dem nicht zumindest ein Mönch in irgendeiner Funktion auftritt. Es gibt aber Unterschiede zwischen Spielen, die Versatzstücke der Klosterkultur thematisieren – wenn also eine Nonne, ein Mönch oder ein Kloster vorkommen – und Spielen, die in Gänze in einem Kloster spielen und in ein Spielsystem übersetzt werden.

Frage: Welche Funktion haben Kloster, Orden und Christentum in diesen Spielen?

Falke: Es gibt Spiele, wo ein Kloster lediglich als Kulisse genutzt wird, aber die Handlung kaum darauf eingeht, der Betrieb dort spielt also keine Rolle. Spannender sind dann Spiele, in denen wirklich das Gefühl entsteht, in einem mittelalterlichen Kloster zu sein.

Boch: Es gibt Motive, die immer wieder auftreten: Dazu gehören Klöster als Wirtschaftsorte, die etwa in Brettspielen aufgebaut werden. Da ist es schon interessant, dass gerade ein Kloster aufgebaut wird und nicht eine Autobahn. Daneben werden Klöster als dunkle Orte von Geheimnissen präsentiert. Das geht wohl zurück auf Umberto Ecos Roman "Der Name der Rose" aus dem Jahr 1980, der bis heute starken Einfluss auf unser Mittelalterbild hat. Unheimliche Klosterrätsel haben also bis heute Konjunktur, dazu gehören dann auch Bibliotheken, in denen sich verbotene Bücher finden können.

Bild: ©Privat

Anna Klara Falke und Lukas Boch haben gemeinsam die Ausstellung "Mönch ärgere dich nicht" im Museum Abtei Liesborn aufgesetzt.

Frage: Sind Klöster und Kirche also in erster Linie Szenerie oder gibt es auch eine inhaltliche Auseinandersetzung?

Boch: Für mich ist erstmal bemerkenswert, dass diese Themen überhaupt behandelt werden. Durch diese Behandlung findet eine Auseinandersetzung mit dem Christentum und seinen Themen statt. So gibt es ein Spiel, in dem Mönchsplättchen in verschiedenen Umgebungen eingesetzt werden können: Diese Mönche können Bier brauen, aber auch in einer Sakristei eingesetzt werden. Wenn dies geschieht, wird der entsprechende Spieler vom nächsten negativen Ereignis der Spielrunde verschont. Das ist ein Spiegel mittelalterlicher Religiosität wie auch ein Gedanke, den wir heute kennen: Wir wenden uns an Gott, um Negatives abzuwenden. Gelebten Glauben gibt es dagegen kaum.

Falke: Wir haben uns vor allem mit populärkulturellen Spielen auseinandergesetzt, die für einen breiten Markt geschaffen werden und unterhalten sollen. Daneben gibt es allerdings auch sogenannte "Serious Games", in denen es dann wirklich um Glaubensinhalte und deren Erlernen geht. Das sind jedoch Spartenangebote.

Frage: Populärkultur sagt immer etwas über unsere Gesellschaft aus. Welches Zeugnis geben also diese Spiele über unser Ordens- und Glaubensverständnis?

Boch: Es ist schon überraschend genug, dass das überhaupt rezipiert wird. Es kommt erstaunlich oft vor, dafür, dass kirchliche Strukturen momentan stark in der Kritik stehen. Gerade in Brettspielen ist die Kirche mit einer positiven Konnotation verbunden: Wer ein Kloster baut, bekommt Kulturpunkte. Dazu wirken die Mönche durchgehend sympathisch. All dies unterschiedet die Darstellung des Kirchlichen in Spielen von jenem in anderen Medien. Es gibt zwar auch korrumpierte Klöster und böse Kardinäle, das kommt aber seltener vor. Dadurch prägen sie auch das Bild, das wir heute von Institutionen und Epochen haben.

Frage: Diese Prägungen sind einerseits mit Klischees wie dem des dicken Mönchs, aber auch mit Referenzen auf Mythologie und Fantasy verbunden. Wie spielt das zusammen?

Falke: Fantasywelten sind ganz stark von historischen Epochen beeinflusst. Alleine die Welt aus "Game of Thones" ist voller Mittelalter. Gerade auch in digitalen Spielen ist die Verbindung zu Fantasy und Magie ganz nah. Da geht es immer wieder um das Verhältnis von Religion und Magie. Aber auch in analogen Fantasyspielen kann man Ordensstrukturen erkennen, die von bestimmten Regeln geleitet und als gut bewertet werden.

Boch: Da sind Nonnen ein gutes Beispiel: Die tauchen zwar auch als fromme Nonnen auf, aber viel häufiger als Kämpferinnen. In engen Lederoutfits bekämpfen sie das Böse, zum Beispiel gegen Zombies. Sie sind zum Teil auch heilige Kriegerinnen. Auch aus historischer Sicht lohnt es sich, auf Fantasywelten zu schauen, weil es dort viele Motive gibt, die untergründig Einfluss darauf nehmen, wie wir sich das Mittelalter vorstellen, zum Beispiel als "finsteres Mittelalter".

Von Christoph Paul Hartmann

Ausstellungs-Tipp

Die Ausstellung "Mönch ärgere dich nicht. Kriegerische Nonnen, trinkfeste Brüder und geheimnisvolle Klöster im Spiel" ist vom 28. August bis zum 20. November 2022 im Museum Abtei Liesborn zu sehen.
Alles zum Thema gibt es zudem bei Instagram unter @boardgame_historian und @museumabteiliesborn sowie bei Twitter unter @boardgamehisto