Kirche in Deutschland erlebe Autoritätsverfall auf breiter Ebene

Kirchenhistoriker Arnold sieht Massenexodus aus katholischer Kirche

Veröffentlicht am 12.08.2022 um 09:54 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Weniger die Gefahr einer Kirchenspaltung als vielmehr die Tendenz zu einem Massenexodus aus der Kirche beobachtet Kirchenhistoriker Claus Arnold. Kritik an der deutschen Reformdebatte weist er zurück.

  • Teilen:

In der Debatte um Reformen in der katholischen Kirche sieht der Mainzer Kirchenhistoriker Claus Arnold weniger die Gefahr einer Kirchenspaltung als vielmehr die Tendenz zu einem Massenexodus aus der Kirche. Bei der katholischen Kirche in Deutschland gebe es einen Autoritätsverfall auf breiter Ebene, sagte Arnold am Donnerstag auf "domradio.de". Es gebe aber weder die Gefahr einer neuen Kirchengründung noch einer Massen-Absetzbewegung zu Protestanten oder Alt-Katholiken. Vielmehr sei ein sich rasant beschleunigender Säkularisierungsprozess zu beobachten, der zu massiven Kirchenaustritten führe.

Der Kirchenhistoriker wies Kritik an der deutschen Reformdebatte und dem vermeintlichen Vorpreschen der deutschen Katholiken zurück. Auch vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) hätten einzelne Länder eine Vorreiterrolle gespielt, darunter neben Deutschland auch Frankreich und Belgien. Auf dem Konzil habe sich dann eine Dynamik in Richtung Reformen eingestellt. "Und dann gab es eben diese Vorreiter-Gruppen, die dann sehr erfolgreich im Grunde genommen die Majorität der Bischöfe in die Richtung der Reformen dann auch gelenkt haben."

Entsprechende Dynamik auch bei Bischofssynode möglich

Arnold hält eine entsprechende Dynamik auch bei der Bischofssynode 2023 für denkbar. "Wenn der Spielraum gewissermaßen von Papst Franziskus und von der Kurie gegeben wird, dann kann sich vielleicht etwas Ähnliches ereignen, dass man feststellt, dass man sich doch auf bestimmte Dinge auch weltkirchlich gesehen einigen kann." Wenn die Bischofssynode aber zum Beispiel wie die Amazonas-Synode mit einer starken Regie ablaufe, "dann bin ich da sehr skeptisch".

Im vergangenen Jahr waren so viele Menschen wie noch nie aus der katholischen Kirche in Deutschland ausgetreten. Aus der im Juni von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) veröffentlichten Kirchenstatistik für das Jahr 2021 geht hervor, dass 359.338 Menschen die Kirche verließen. Mit 137.948 mehr Austritten als im Vorjahr (221.390) wurde damit ein neues Allzeithoch erreicht. (tmg/KNA)