Neuer Papst-Friedensappell für die Ukraine – Kritik von Botschafter
Papst Franziskus hat erneut zum Frieden zwischen Russland und der Ukraine aufgerufen, ohne Russland als Aggressor zu benennen. Auf den Tag sechs Monate nach dem Angriff der russischen Streitkräfte auf die Ukraine rief der Papst am Mittwoch bei der Generalaudienz im Vatikan zum Gebet auf "für das ukrainische Volk, das seit sechs Monaten den Schrecken des Krieges erleidet". Unter dem Beifall Tausender Pilger sagte Franziskus, er hoffe, dass "konkrete Schritte für ein Ende des Krieges und zur Vermeidung einer nuklearen Katastrophe in Saporischschja unternommen werden".
Er denke an die vielen Gefangenen, die Toten, die Geflüchteten, die Verletzten und an die Kinder in der Ukraine und in Russland, die Vater oder Mutter verloren hätten. Die Unschuldigen bezahlten für den auf beiden Seiten vorhandenen "Wahnsinn des Krieges", so der Papst weiter. Er erwähnte auch die am 20. August bei einem Bombenanschlag getötete russische Polit-Aktivistin Darja Dugina. Franziskus nannte sie eine "arme junge Frau, die in Moskau im Auto von einer Bombe in die Luft gejagt wurde".
Zugleich verurteilte der Papst jene, "die am Krieg verdienen, indem sie Waffen verkaufen. Sie sind Verbrecher, sie ermorden die Menschheit." Er bete darum, dass die Muttergottes den beiden geliebten Ländern Ukraine und Russland den Frieden bringen möge.
Jurasch: "Nicht angemessen"
Der ukrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Andrij Jurasch, kritisierte im Anschluss die Worte des Papstes. Der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte Jurasch, es sei "nicht angemessen, die Ukraine und Russland in dieser Situation auf eine Stufe zu stellen". Nicht die Ukraine habe Russland angegriffen, sondern Tausende russische Soldaten hätten unschuldige ukrainische Zivilisten ermordet. Zum Tod von Dugina bemerkte der Botschafter, sie sei kein unschuldiges Opfer, sondern eine aktive Befürworterin des russischen Krieges gewesen.
Zu Spekulationen über einen möglichen Papstbesuch in der Ukraine betonte der Botschafter, der Pontifex sei jederzeit willkommen. Jeder Besuch in der Ukraine helfe, die reale Lage besser zu verstehen. Jurasch erinnerte an den Ukraine-Besuch des luxemburgischen Premiers Xavier Bettel Ende Juni. Bettel habe zunächst mit beiden Seiten sprechen wollen. Aber nachdem er das Ausmaß der russischen Aggression mit eigenen Augen gesehen hatte, habe er seinen Standpunkt geändert.
Jurasch war bei der Generalaudienz mit zahlreichen ukrainischen Pilgern und Geistlichen anwesend, wurde aber vom Papst nicht angesprochen. Franziskus erwähnte hingegen die an der Audienz teilnehmenden Gruppen ukrainischer Flüchtlinge. Einige von ihnen hielten bei den Worten des Papstes ukrainische Flaggen hoch. (KNA)